Montag, 4. Juli 2011

Was man alles so in Toronto tun kann…


...finde ich gerade heraus. Unmittelbar vor meiner Haustür befindet sich zum Beispiel die Ontario Art Gallerie. Mittwochabend ab 18.30h ist hier der Eintritt sogar frei. Mein Favorit der Ausstellung ist seitdem ich dort war ein Maler namens Hendrik Andriessen. Er malt schaurig-schöne Stillleben, sehr morbide und stehts mit einem Totenkopf. Außerdem gefällt mir das Bild „North Shore, Lake Superior“(1927) von Franklin Carmichael, dass ihr hier sehen könnt: 
Franklin Carmichael (Canadien, 1890-1945)North Shore, Prior Lake, 1927, Oil on canvas, Art Galerie Ontario, Toronto

Angrenzend an Chinatown, wo ich derzeit wohne, gibt es ein kleines Areal namens „Kensington Market“. Es ist voll von kleinen Cafe´s und Vintageshops (Secondhandläden), Bäckereien und Gemüseläden sowie etlichen Bioläden, die hier „Organic shop“ heißen. Regelmäßig besuche ich die unterschiedlichsten Einkaufsläden, immer mit einer von meiner Vermieterin geschriebenen Einkaufsliste. Leider habe ich oft keine Ahnung, was sie mir da eigentlich aufschreibt. Heute stand auf der Liste „Diapers“. Gemeint waren Windeln. Ein Wort, dass ich daheim vielleicht nicht so schnell auf meiner Vokabelliste gehabt hätte.Und wie unsagbar teuer solche Artikel hier sind! Da wundert Mensch sich dann auch nicht mehr über die enorm niedrige Geburtenrate und im Gegenzug dazu eher offene Einwanderungspolitik. Denn Kinder zu haben ist wirklich nur mit hohem finanziellem Aufwand möglich. Trotzdem haben meine Vermiter gleich zwei, mit denen ich jetzt auch regelmäßig abhänge. Und natürlich lerne ich dadurch entsprechend wichtige Dinge dazu: Spiderman und Batman sind nämlich viel cooler als Superman je sein wird. Und Wasserbalons sind besser, als alle zusammen!


Aber zurück zum Kensington Market. Am schönsten ist es dort am letzten Sonntag im Monat. Da gibt es dann den „Pedestrian Sunday“ bei dem die Straßen für Autos gesperrt werden, und überall auf dem Bürgersteig die verschiedensten Bands und Kleinkünstler zu sehen sind. Am Besten gefiel mir hier die Band „Harbour Sharks“ die eine wilde Mischung in petto hatten. In ein und demselben Stück änderten sie immer wieder das Tempo und spielten eine völlig neue Musikrichtung mit Wechsel zwischen Rock, Reggae, Jazz, Funk und Ska.
Musiker im Kensington Market

Auch politische Initiativen werben an den "Pedestrian Sundays" für ihre Sache. Ich kam mit einigen UmweltaktivistInnen ) ins Gespräch, die auf eine unglaublich Sauerei aufmerksam machten. Nur etwa 100km von Toronto entfernt kaufte ein großes Unternehmen riesige Areale Land auf, mit der Prämisse, Kartoffelanbau zu betreiben. Als sie das Land jedoch hatten, begannen sie stattdessen riesige Löcher in die Erde zu graben, um Speckstein abzubauen und diesen in die USA abzutransportieren. Die damit verbundene Umweltverschmutzung wird selbstverständlich billigend in Kauf genommen. Grrr! Merh Informationen zu der Initiative finden sich hier www.ndact.com.
Andere AktivistInnen warben für die Abschaltung von AKWs. Die Argumente in ihrer Broschüre waren für mich allerdings eher erstaunlich, da ausschließlich die finanzielle Seite duskutiert wurde. Das Atomstrom auch ziemlich gefährlich ist, scheint noch nicht angekommen zu sein. Upsi!

Abgesehen von den vielen MusikerInnen (und vergleichsweise wenigen PolitaktivistInnen) sind natürlich auch entsprechend viele ZuschauerInnen bei den „Pedestrian Sunday“ anwesend. Diese Menschenansammlung ist jedoch nicht vergleichbar mit dem Andrang bei einigen anderen Veranstaltungen wie etwa dem Toronto Gay Pride letztes Wochenende. Auch hier waren wieder viele Straßen gesperrt, besonders Youngstreet Ecke Wellesleystreet war es dermaßen voll, dass man keinen Schritt vor oder zurück kam. Die Parade war schon nett anzusehen.
Toronto Gay Pride Parade 2011

Aber ansonsten war die Veranstaltung leider absolut durchkommerzialisiert und hatte den unangenehmen touch eines Zoos, wo Herr und Frau NormalbürgerIn sich mit dem nackten Transgender oder Lederschwulen auf der Straße ablichten lässt. Irgendwo dachte ich mir, na gut... jedem das Seine. Aber andererseits erinnerten mich die Szenen auch stark an Disneyworld, wo sich Leute mit Mickey und Mini photographieren lassen, um die Bilder später in ihr Urlaubsalbum zu kleben.
Die wenigen schwulen-lesben-trans-BewohnerInnen des Viertel, die sich nicht verkommerzialisieren lassen wollten, hängten ein Transpi raus, um ihren Unmut kundzutun.
Toronto Gay Pride Straßenfest 2011


Abgesehen von den mehr oder weniger tanzenden Massen des Gay Pride, gab es auch noch anderes Volk auf den Straßen, die eine Gegenveranstaltung organisiert hatten. Dies Leute waren mir echt gruselig. Trotzdem sie ganz eindeutig in Unterzahl waren an diesem Tag, riefen sie doch dazu auf, Schwule und Lesben in Toronto zu attakieren. Etliche BesucherInnen des Pride lieferten sich hitzige Wortgefechte mit diesen religiösen Verfechtern oder starrten ungläubig auf deren seltsamen Plakate auf denen die abstrusesten Anleitungen zu lesen waren, nach denen ein jeder und eine jede noch heute in den Himmel kommen könnte. Ich disqualifizierte mich bereits in der ersten Zeile: " NO SPORT TEAMS". Na gut, dann eben keinen Himmel für mich heute!
Verwirrte Gegendemonstraten des Toronto Gay Pride 2011

Besonders nach den massiven Menschenansammlungen auf dem Gay Pride, fühle ich mich nach: Raus aus der Stadt! Weg von den vielen Menschen und dem vielen Asphalt überall. Da kann weder der schönste Park noch die kleinen wilden Gartenflecken dafür entschädigen, dass Toronto einfach eine sehr große Stadt ist.
Gurillagardening in Chinatown, Toronto

Und ich habe schon einige Parks durch. Den besten Platz für Hundespaziergänge fand ich im High Park. Hier gibt es eine ziemlich große „Off leach Area“, wo unsere Hunde endlich einmal offiziell freilaufen durften. Doch so ganz perfekt war das auch noch nicht. Immer noch zu viel Stadt. Dann bekam ich den Tipp: Nimm doch die Fähre ´raus auf die Insel.



Die Islands sind eine Möglichkeit, dem Stadtwahnsinn für kurze Zeit zu entkommen. Die Fähre kostet nur 13 Dollar für Hin,- und Rückfahrt; Hunde fahren umsonst. Besonders in der Woche ab frühen Abend ist hier fast nichts mehr los. Dann sind die Inseln ein himmlischer Ort, um die Seele baumeln zu lassen, am Stand rumzuliegen und den Hunden beim schwimmen zuzuschauen oder in der Ferne die Segler zu beobachten.

Die Pelzgesichter müssen hier eigentlich überall angeleint sein, aber wenn sonst keiner da ist, dann stört´s auch keinen, dass sie freilaufen. Nach soviel Stadt sind die islands die pure Entspannung und als ich um 23h einer der letzten Fähren zum Festland nahm, wollte ich eigentlich gar nicht so recht zurück.
Anlegestelle Wards Island
Wieder zurück in Chinatown gedachte ich, einmal zum kröhnenden Abschluß des Tages den chinesischen "Bubbel-Tea" zu probieren. Ich ging also in einen Laden in der Dundasstreet, der 200 Sorten anbietet. Natürlich konnte ich mich bei dieser Auswahl überhaupt nicht entscheiden und nahm schließlich einfach Nummer 13 auf der Karte. Sofort ging ein wildes Gemixe und Gerührer, Aufgebrühe und Abgekühle los. Cocktailkellner sind nichts dagegen! Irgendwann plötzlich bekam ich einen durchsichtigen Plastikbecher mit einem weißlich-organgenem Inhalt in die Hand gedrückt. Zwar sagte mir der freundliche Barmann, ich hätte lieber "Taki" als Orange probieren sollen, woraufhin ich in leichte Zweifel verfiel, bis der Barmann mir ausführte, Taki sei eine sehr leckere Kartoffel. Daraufhin war ich doch sehr froh über meine Nummer 13: Iced orange. Am Ende kamen noch etliche dunkle Kugeln in meinen Becher, die sofort auf den Grund sanken. "Lecker" dachte ich ,"Blaubeeren!" Und stopfte begierig zwei Stohhalme in den Becher. Es war kalt und süß und erinnerte entfernt an Orangenseife, was da durch meinen Strohhalm schoß. Und dann eine "Blaubeere" angesaust. Sie hatte die Konsistenz von aufgeweichten Gummibärchen und schmeckte bitter nach Kaffee, die "Möchte-gern-Blaubeere"... Phui Teufel! Gar nicht lecker!

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Es waren sicher Acai-Beeren in dem Tee, die bösen Geschwister aller leckeren Beerensorten auf dieser Welt.

Viele Grüße auch an die schüchterne Brynn (??) und Ernie!