Mittwoch, 11. April 2012

Erlebnisse auf der Wild Horse Ranch


Als wir noch in British Columbia waren, hatten wir Pläne für unsere weitere Fahrt geplant. Dabei sind wir über die Website von Intentional Communities (www.ic.org) auf die Wild Horse Ranch gestoßen. Laut der Beschreibung wohnten dort 3-6 Menschen und es gab viele interessante Dinge. So z.B einen bio Garten, viele, viele Pferde sowie die Möglichkeit etwas über die Holzbearbeitung und die Reparatur eines Autos zu lernen. Nachdem wir mit Pat am Telefon gesprochen hatten (er erzählte die meiste Zeit) waren wir guter Dinge und machten uns auf den Weg nach Onoway (Alberta). Das liegt ca. 50 km nordwestlich von Edmonton. Als wir dann ankamen, merkten wir, dass er ganz allein in einem riesigen Blockhaus wohnte. Das Haus wirkte auch ziemlich gespenstisch, da es aussah als ob es eigentlich für 10 Leute gebaut wurde. In den kleinen Schlafzimmern standen Doppelstockbetten und manchmal auch noch ein zusätzliches Bett. Ich fühlte mich da gleich an meine Bundeswehrzeit erinnert. Auch die Ausstattung der Küche hätte locker für eine ganze Hausgemeinschaft gereicht. Die Schränke waren mit Buchstaben und Nummern versehen und mit allem möglichem Zeug vollgestopft. Nun gut, Pat unser Gastgeber schien aber ganz nett zu sein und er hatte als Geschenk auch extra zwei Cowboy Hütte auf unsere Kopfkissen gelegt. Am Abend besuchten wir dann auch gleich seine Pferde und er erzählte uns alles Mögliche über die noch anstehenden Projekte. Er wirkte ziemlich enthusiastisch und machte schon Pläne für unsere Immigration nach Kanada. Am nächsten Morgen gab es erst mal ein kräftiges Frühstück und danach ging es zur Ranch.
Hier durften wir Kohlen schaufeln und schließlich die Pferde füttern. Gegen Mittag gab es dann einen Anruf für Pat. Er hat einen Lieferservice für Feuerholz und jemand von den Natives brauchte dies für eine Zeremonie. Wir fuhren also ins nahegelegene Native Reservat „Alexander First Nation“, um das Holz dort abzuliefern. Die Familie an die wir das Holz lieferten, war sehr nett. Sie halfen uns beim Holz abladen und erzählten uns etwas über ihre kulturellen Bräuche. So war uns bereits aufgefallen, dass zahlreiche Bäume mit bunten Tüchern umwickelt waren. Dies waren die sogenannten „Prince“. Diese wurden um die Bäume gewickelt, wenn jemand sehr krank war und sie sollten helfen zu heilen. Auch das Feuerholz, welches wir lieferten war für eine Zeremonie vorgesehen, die der Heilung zugute kam. Wie wir später erfuhren, hatte der Chief eines befreundeten Stammes Krebs. Pat merkte sofort, dass uns das alles sehr interessierte und versuchte auch gleich die Leute zu überreden uns einzuladen. Ich wäre natürlich gern zu einer solchen Zeremonie hingegangen; aber es war ja auch irgendwie ein Familien-Ding und noch dazu gedacht einen Krebskranken zu heilen. Da wollte ich, auch nicht stören.
Am Abend schmiedete Pat weiter Pläne für unsere Zukunft. So sollten wir bereits in zwei Monaten mit seinen Pferden an einem Ausdauerrennen teilnehmen. Ich war ziemlich schockiert, da ich ja noch nie auf einem Pferd gesessen hatte. Er meinte, dass seine Pferde so besonders sind, dass sie jedes andere Pferd schlagen würden.
Eines Tages durften wir wieder Holz im Reservat abliefern. Diesmal bei Gordon. Auch er benutzte das Holz für eine Zeremonie. Dazu hatte seine Familie in einem Schuppen ein Zelt aufgestellt, vordem sich ein großer, 300 Jahre alter Büffelschädel befand. Im Zelt wird während der Zeremonie ein Feuer entfacht, um welches große Steine in einem Kreis angeordneten werden. Mit Hilfe von Salbei, Tabak und viel Hitze (deswegen wird diese Zeremonie auch als „schwitzen“ bezeichnet) versuchten man Kontakt mit den Urahnen aufzunehmen. Diese können einem dann das spirituelle Tier und auch noch andere Sachen erzählen. Gorden lud uns in sein Haus ein und zeigte uns bereitwillig etliche spirituelle Inszrumente wie die Schildkrötenrassel und etliche Glocken. Als unser fragender Blick auf die Glocken viel sagte Gorden:“Die sind für die Großväter.“ Und lächelnd erklärte er weiter: “Damit spielen sie gerne“. Er meinte damit aber nicht lebendige Großväter, sondern die Ahnen oder Urahnen.
Er erzählte uns noch etliches über die natives und deren Kultur. So war es noch vor wenigen Jahrzehnten verboten überhaupt solche Zeremonien anzuhalten. Die kanadische Regierung und die christlichen Kirchen versuchten die native Kultur zu zerstören. So wurden alle Kinder des Reservats in sogenannte Residential Schools gesteckt. Während es weißen Eltern gestattet war, ihre Kinder zu Haus zu unterrichten, wurden die Kinder der Natives weit entfernt von Ihren Familien in Internate geschickt. Dort durften sie ihre indigenen Sprache nicht sprechen und es war ihnen auch untersagt, ihren kulturellen Bräuchen nachzugehen. Ziel dessen war es diese Menschen in die „Weiße“ Gesellschaft zu integrieren. Es ging natürlich nach hinten los, weil viele „Weiße“ Menschen Vorurteile gegenüber Natives haben und sie gar nicht in ihrer Gesellschaft haben wollen. Das Resultat ist, dass die Kultur der Natives ausstirbt und nur noch wenige die alten Bräuche kennen. Vor allem die Kenntnisse über die Heilkräfte verschiedener Kräuter sind verlorengegangen. Pat kannte jedoch den alten Medizinmann des Reservats bevor er gestorben ist und hatte von ihm einige Tipps bekommen. Weiterhin verfügte Pat nach eigener Aussage über bestimmte Kräfte. So konnte er den Energiefluss der Erde spüren und lenken. Dazu hatte er eigens einen sogenannten Kreis auf seiner Ranch installiert. Angeblich ist dieser ebenbürtig mit dem von Stonehenge. Nun ja, laut Pats Äußerungen konnte der Kreis einem verraten, welche Fähigkeiten ein Mensch besitzt. Dazu stellt mensch sich in die Mitte des Kreises, während Pat um einen herumläuft. Da Pat die Energie der Erde spüren kann, wird mensch dann in eine bestimmte Himmelsrichtung ausgelenkt d.h. nach einer Weile auf einem Punkt stehend fällt man einfach in irgendeine Richtung (Pat muss dann denjenigen auffangen). Diese Himmelsrichtung verrät dann, welche Fähigkeiten mensch besitzt. Meine Reisebegleiterin soll z.B. die besondere Fähigkeit haben, mit Hilfe der Energie der Erde Menschen zu heilen. Ich dagegen soll die Fähigkeit „gatherer of people“ besitzen. Das heißt, ich soll jemand sein dem Menschen vertrauen und Beachtung schenken - halt mögen, aber jedoch keine Führungsperson. Anschließend bekam dann Pat noch eine Vision und verriet uns unser spirituelles Tier. Den Rest des Abends verbrachten wir am Lagerfeuer und Pat erzählte uns Geschichten von vorherigen Zeremonien. So kann es z.B. sein das manche Menschen nur negative (schlechte) Energie empfangen können. So hatte er schon Gäste die sich im Zentrum des Kreises in die Hosen geschissen hatten und gleichzeitig kotzten oder Personen deren Körper sich nur noch drehte. Pat meinte, dass diese Menschen sehr böse sind und vor allem an sich denken. Er vertraute ihnen dann auch nicht mehr.
Desweiteren soll Pat mit Hilfe eines Zweiges Grundwasseradern aufspüren können. Da seine Nachbarn verzweifelt danach suchten, baten sie Ihn schließlich seine Kräfte einzusetzen. Als er dann dort ankam holte eine Frau ihren Rosenkranz heraus und betete zu Gott, weil sie Pat für einen Teufel hielt. Schließlich fuhr Pat dann gleich wieder los, weil er meinte er muss sich einen solchen Schwachsinn nicht antun. Die Frau war natürlich umso mehr darin bestärkt, dass sie gerade etwas Teuflisches vertrieben hat. Nun müssen seine Nachbarn immer weit fahren, um an ihr Wasser zukommen oder es mit Tanklastern heranschaffen lassen.
Rex und Lucky
Als wir mit dem Holz zu Gordon ins Reservat fuhren bemerkte ich am Straßengraben im Schnee einen kleinen Hund, schenkte ihm aber wenig Beachtung, da wir ja eh wieder zurückfahren mussten. Auf dem Rückweg lag er immer noch am Straßenrand im Schneehaufen. Er konnte sich nicht bewegen und wirkte ziemlich schlapp. Wir nahmen wir den Kleinen mit. Er war höchstens 7 Wochen alt und konnte einen Vorder- und einen Hinterfuß nicht bewegen. Vermutlich wurde er aus dem Auto geworfen und einfach im Nirgendwo und bei -10 Grad zurückgelassen. Der Welpe war in einer schlechten Verfassung und keiner von uns war überzeugt, dass er die die Nacht überleben könnte. Er lag apathisch herum und wollte nichts von dem leckeren Hünchenkadaver essen, den Pat ihm anbot. Später nahm er aber etwas Milch an.
Am nächsten Morgen hatte er sich schon etwas erholt und fing an ein wenig herumzukrabbeln. Immer in Richtung von unserem Labrador Ernie, der darüber nur mittmäßig begeistert war, aber den Kleinen duldete. Schließlich konnte der kleine Hund dann am dritten Tag schon humpelnder Weise gehen und spielte mit Ernie herum. Inzwischen geht es ihm schon richtig gut und er kann fast laufen wie jeder andere Hund. Da er nun zu überleben schien, wollte Pat ihm einen Namen geben und er fragte mich nach einem typischen deutschen Hundenamen. Na, ja ich war nicht besonders kreativ und der erste Name der mir einfiel war Rex.
Doch Rex war nicht unser einziges Sorgenkind. Als wir eines Tages die Pferde füttern wollten, lag ein kleines Fohlen am Boden und wollte nicht mehr aufstehen. Es sah ziemlich fertig aus. So wurde der kleine Racker von den anderen Pferden ständig gebissen und getreten und hatte deshalb viele kahle Stellen und Wunden in seinem Fell. Vermutlich haben die anderen Pferde ihn nicht essen lassen, so dass er auch noch total abgemagert war. Was mich aber am meisten beunruhigte war sein angeschwollener Penis. Nein, er wollte sich nicht paaren, es sah einfach unnatürlich aus und ging eher in die Breite als in die Länge. Um ihn besser pflegen zu können, wurde der kleine dann in ein Haus verfrachtet, welches Pat eigentlich für potentielle Bewohner der Ranch hergerichtet hatte. Das Pferd bekam dann erst einmal Antibiotika, Haferflocken und Heu. In den nächsten Tagen ging es ihm ein wenig besser, fiel aber öfter noch um, sodass wir eine Seilwinde in das Haus einbauen mussten. Schließlich entschloss sich Pat mit einem Teppichmesser den Penis des Fohlen zu bearbeiten. Zu meinem Erstaunen half es irgendwie und der Penis sieht jetzt wieder normal aus. Nachdem auch dieses Geschöpf zu überleben schien, wurde es Lucky genannt

Doch auch die anderen Pferde hatten so ihre Probleme. Als wir eines Tages Reiten gingen, merkten dass es in der Pferdescheiße von einem unserer Pferde nur so wimmelte. Es waren eklige Würmer und die mussten wir irgendwie aus den Pferden rausbekommen. Dazu hatte Pat in Edmonton ein Entwurmungsmittel gekauft. Zunächst wurde es an Lucky getestet, indem Pat es in sein Maul zu stopfen versuchte, während meine Reisebegleiterin den Pferdekopf festhielt. Das Pferd fand das alles ziemlich eklig und wollte das Zeug loswerden. Um dies zu verhindern pustete Pat das Entwurmungsmittel in das Maul des Pferdes zurück. Leider bekam dabei meine Reisebegleiterin die Hälfte ab. Es schien überall zu sein: In den Augen, im Mund und in den Haaren. Nachdem wir die Augen ausgespült hatten, beschlossen wir eine andere Methode für die Entwurmung anzuwenden. Dazu wurde das Zeug in Wasser aufgelöst und anschließend mit einem Sprühgerät auf Haferflocken verteilt. Zu unserem Glück liebten die Pferde das Zeug und ein weiteres Problem war gelöst.
Abschied und Abreise mit Zweifeln
Nach ein paar Tagen auf der Ranch merkten wir, dass nicht alles so rosig ist, wie wir dachten. Zum Einen liebt es Pat zu fluchen. Seine liebsten Wörter sind dabei bitch (Schlampe) und prick (Schwanz/Penis). Er hat uns nie so bezeichnet, aber wir fanden es trotzdem nicht so schön. Na, ja er versuchte dann nicht mehr so oft zu fluchen. Zum Anderen hatten wir vollkommen unterschiedliche Auffassungen wie Menschen in einer Gemeinschaft dauerhaft an diesem Ort leben sollten. Pat war der Meinung „Jedes Schiff braucht einen Kapitän“. Für ihn bedeutete das, dass er alles zu entscheiden hat, was auf der Ranch passiert. Dies fing beim Einkauf der Lebensmittel an und hörte bei der Bestellung des Gartens auf. Wir versuchten ihm zu erklären, dass Menschen auch einen gewissen Entscheidungsfreiraum über ihr Leben brauchen und sich nicht gern in eine so starke Abhängigkeit begeben würden. Er wollte dies nicht verstehen und meinte, dass er den Menschen eher eine riesige Chance gibt. Uns ärgerte jedoch am meisten, dass Pat sein Projekt als bereits existierende Gemeinschaft bewarb, obwohl er dort allein lebte. Er meinte seine verstorbenen Großeltern und seine Eltern, die seit 50 Jahren in Edmonton lebten, gehören auch dazu. Wir versuchten mit ihm darüber zu reden und sagten ihm, dass Leute schockiert sein würden, wenn sie nur eine einzige Person vorfänden, obwohl sie eine Gruppe erwarteten. Pat war jedoch leider echt stur und war zu keinen Kompromissen bereit. Daher beschlossen wir hier nicht für immer zu bleiben, sondern vielleicht zwei Monate oder bis zum nächsten Herbst. Wir hatten zwar unterschiedliche Meinungen über das Leben in einer Gemeinschaft, aber es machte auch Spaß mit Pat zu arbeiten und nebenbei lernten wir viele neue Sachen. Wenn wir abends von der Arbeit nach Hause kamen, redeten wir öfter noch stundenlang oder spielten cribbage miteinander. Es war schön und wir vertrauten uns gegenseitig bis ich eines Tages einen Brief für Pat schreiben sollte. Pat wollte einige Pflanzen aus seinem Garten an einer Universität untersuchen lassen. Da ich ja Ahnung von Chemie habe, sollte ich die richtigen Leute finden und anschreiben. Als ich den Brief schrieb, wollte ich wissen, wie ich seinen Namen richtig schreibe und googlete ihn nochmal. Doch was da kam schockierte mich eher. Es waren Internetseiten die eine Warnung der Polizei zeigten. So soll Pat ein verurteilter Sexualstraftäter sein, der junge Frauen auf seine Ranch gelockt hat, damit sie dort für ihn anschaffen gehen. Er soll auch Frauen gewürgt haben, um ihren Widerstand zu brechen. Nun, ja dachte ich, dass ist die Vergangenheit und hoffentlich hat er seine Fehler eingesehen, aber es waren noch weitere Einträge, die erst vor wenigen Monaten und Wochen ins Netz gestellt wurden. Dort berichteten weibliche Gäste der Ranch, dass Pat sie mit anzüglichen Sprüchen bedrängte und dass er junge Frauen in der Stadt anspricht, um sie auf die Ranch zu bekommen. Das konnte ich bestätigen, denn das hatte er auch getan, als ich mit ihm in der Stadt war. Ich fand das damals merkwürdig und peinlich, hatte mir aber nichts dabei gedacht. Weiter war zu lesen, dass er handgreiflich geworden ist, wenn sich Menschen dazu entschlossen hatten abzuhauen. Diese ganzen Berichte waren so detailliert, dass für uns klar war, dass diese Menschen auf jeden Fall hier gelebt haben müssen. Wir waren hin und her gerissen, hatten wir doch Pat vertraut und mit ihm Spaß gehabt. Was sollten wir tun? Um einer möglichen, gewalttätigen Situation auszuweichen, entschlossen wir uns ihn zu verlassen. Wir wollten jedoch ehrlich zu ihm sein und schrieben ihm eine email in der wir versuchten unsere verzweifelte Situation zu erklären. Unglücklicherweise war er alles andere als einsichtig. Er schrieb, wir hätten kein Recht über ihn zu richten und das wir voller Vorurteile wären. Wenig später erreichte uns dann eine email von einer seiner Bekannten. Die email war voller Beleidigungen und Drohungen. Wir wurden als Abschaum der Menschheit bezeichnet und die Person wollte auch der Einwanderungsbehörde über uns berichten. Die Frage ist bloß was. Na, ja spätestens ab da waren wir froh diesen Ort verlassen zu haben. Jetzt sind wir wieder in Saskatchewan bei Freunden und haben unsere Rückreise geplant. Ja, am Ende Mai werden wir wieder zurück fliegen. Aber vorher geht’s noch zur Ostküste von Kanada.

Montag, 5. März 2012

Zurück nach Alberta


letzte Ausflüge auf Vancouver Island

Nach zwei Monaten in dem milden Winter in British Columbia haben wir uns entschlossen zurück nach Alberta zu gehen. Doch bevor wir die Küstenregion auf Vancouver Island verlassen haben, waren noch einige Wanderungen eingeplant. Zum einen besuchten wir die „Nymph Falls“ ganz in der Nähe von Courtaney. Hier fließt ein wilder Strohm und es gibt zahlreiche Wanderwege durch den bemoosten Regenwald. 
 
Ernie an den Nymph Falls

Bemooste Bäume, Nympf Falls

Wir konnten die Höhe dieses Baumes nicht schätzen. Wenn man davor steht ist es so, als hört er nie auf uns wächst direkt in den Himmel.

Unser zweiter Ausflug führte uns auf die westliche Seite der Insel nach Ucluelet. Das erste was auffällt, wenn man über einen Gebirgsrücken zu dieser Küste unterwegs ist, sind die Tsunami- Hinweisschilder. Am 28. März 1964 wurde der letzte Tsunami an Vancouver Islands Westküste verzeichnet. Danach gab es gelegentlich kleinere Seebeben; doch ein Tsunami bleib glücklicherweise seitdem aus.
Tsunami Hinweisschild Ucluelet

Jetzt im Winter gibt es kaum Touristen in dieser Gegend. Im Sommer soll es recht überfüllt sein. Und dies ist verständlich, denn diese Küste ist ein magischer Ort. Das Meer ist wild und stürmisch als wir ankommen. Große Gesteinsbrocken ragen heraus, auf denen wir herumkrabbeln, um näher an die scheumenden Wellen heran zu kommen. Man geht wie auf kleinen felsigen Inseln die von Wellen umspült werden und der Anblick auf die tosende Gischt ist atemberaubend. Allerdings nur solange, bis wir merkten, wie gefährlich unser Standpunkt war. Denn plötzlich wurden die Wellen immer wilder und größer und der Rückweg über einige Felsbrocken war abgeschnitten. Glücklicherweise wurde der Stein auf dem wir standen nicht überspült und nachdem die Wellen wieder ein weniger ruhiger geworden waren, kletterten wir schnell an Land zurück. Ein wenig später sahen wir die ersten Hinweisschilder, die darauf aufmerksam machten, dass jegliches Klettern auf den Lavafelsen wegen lebensgefährlicher Wellen verboten sei. Mir wurde nochmal nachträglich mulmig. Trotzdem. Der Anblick des schäumenden Meeres ist auch von dem sichereren Wanderweg ein Erlebnis.
Wild Pacific Trail Ucuelet

Was hier ausschaut wie Schneeflocken ist in Wirklichkeit Schaum


Leider waren wir nur einen Tag an dieser atemberaubend schönen Küste, so dass wir andere Strände nicht mehr besuchen konnten, an denen auch im Winter Wellenreiten angeboten wird.
Auch die Wale, die vor dieser Küste wandern, konnten wir leider nicht finden. Dafür fanden wir aber im Hafen von Ucluelet jede Menge Seelöwen, die fortwährend munter bellten.

Seelöwen in Ucuelet

Nachdem wir auf Vancouver Island fast eine Art Frühling hatten, fühlen sich der hohe Schnee und die Temperaturen zwischen -20 und 0 Grad auf unserer Reise nach Alberta an wie eine Reise „Zurück in die Vergangenheit“. Denn in Alberta ist noch kein Frühling sondern Winter. Weil wir einige MitfahrerInnen hatten, die nach Kelona und Calgary wollten, nahmen wir diesmal eine andere Route über das Gebirge. Ich hatte doch ein wenig Angst vor den vereisten Straßen vom Hinweg und besorgte uns deshalb zur Sicherheit Schneeketten, damit wir diesmal sicher durch die Berge kämen. 
Schneeketten richtig zu montieren ist gar nicht so einfach. Am besten unbedingbt vorher mal ausprobieren!
Es stellte sich heraus, dass dieser Weg über das Gebirge zwar ein wenig Länger, aber dafür weit besser zu befahren war. Denn die Rocky Mountains sind auf dieser Strecke zwischen Vancouver und Kelowna viel weniger steil als auf der Strecke durch den Frasier Canion. Auch das Klima ist eher milde und die Berge eher Hügel. Im Sommer gedeihen hier die unterschiedlichsten Obstbäume und es wachsen in der angrenzenden Wüsten sogar einige Kakteenarten. Nachdem wir den ganzen Tag von Vancouver bis Kelowna gefahren waren, lud uns unsere Mitfahrerin ein, bei ihrer Mutter in ihrem Haus zu übernachten. Dort wurden wir köstlichst bekocht und bekamen ein eignes Gästezimmer für die Nacht.
in Kelowna
Am nächsten Tag ging es weiter und wir holten eine andere Mitfahrerin in einem in der Nähe gelegenen Dorf ab. Sie studierte zeitgenössischen Tanz in Calgary und ihr Motto war „Every Kind of Movement is good“ ( Jede Art von Bewegung ist gut). Es stellte sich heraus, dass unsere Mitfahrerin gewohnt war im Gebirge zu fahren und so nahm sie mir mit Freuden das Fahren ab. Während unserer Fahrt erfuhren wir alles über den „White Pride Day“ in Calgary, der immer im Herbst stattfindet und den wir übereinstimmend nur als „ätzend“ abstempeln konnten. Auch erzählte sie uns über Calgary und sein außergewöhnliches Wetter. Etwa alle 2 Wochen gibt es im Winter einen „Chinouk“ in dieser gegen. Der „Chinouk“(Begriff der Natives für Snow eater oder Schee-esser) ist ein warmer Wind, der über das Gebirge weht und die Stadt gerne mal auf plus 10 Grad aufwärmt und natürlich allen Schnee zum Schmelzen bringt, während es in der übrigen Zeit gerne mal zwischen -20 und -40 Grad kalt werden kann. Bei den olympischen Winterspielen 1988, die in Calgary stattfanden, verursachte der „Schee-esser“ über Nacht einen Temperaturanstieg von -30 auf plus 12 Grad. Etliche Veranstaltungen mussten daraufhin abgesagt werden, da der Schnee geschmolzen war. Die starken Winde des Chinouk können eine Schneedecke von 30 cm innerhalb eines Tages komplett schmelzen, während der Schnee im Gebirge davon nicht angetastet wird.
Während die Straßenverhältnisse auf unserer Reise durch die Rockys zumeist tadellos waren, kamen wir wenige Stunden vor Calgary doch in ein Gebiet, in denen es zuvor heftig geschneit hatte. Trotzdem war die Straße wunderbar geräumt. Nur die Straßenschilder waren mitunter durch den hohen Schnee verdeckt. Plötzlich wurde der gesamte Verkehr angehalten. Ich vermutete schon einen Unfall. Doch falsch gedacht. Wir mussten warten, weil es auf der Straßen eine „Avalanche Control“ (Lawinen Kontrolle) gab. Ein Stückchen weiter die Straße herunter hatte das Militär mit einigen kleineren Kanonen Stellung bezogen, um auf die verschneiten Hänge zu schießen und somit kontrolliert etwaige Lawinen auszulösen. Diese werden auch deshalb befürchtet, da es ein partielles Waldsterben auf den Hängen gibt. Ein Käfer frisst hier die Nadelbäume so radikal ab, dass sie absterben. Zu sehen sind dann merkwürdig kahle Flecken auf den ansonsten bewaldeten Hängen. Früher, so erzählte man uns, sei der Käfer im Winter abgestorben. Aber die Winter seien nun nicht mehr kalt genug, so dass der Käfer sich rasant ausbreiten würde. Klimaerwärmung als Anschauungsunterricht, dachte ich mir da nur. Nicht gut.
Käferbefall in Nadelbäumen (Alberta)

Auch in Calgary übernachteten wir bei unserer Mitfahrerin. Diesmal allerdings auf einer Matratze zwischen Haustür und einem wild rumorendem Kühlschrank. Mehr oder weniger unausgeschlafen erwachten wir am nächsten Morgen. Beim Frühstück erzählte uns unsere Gastgeberin davon, wie schön das Leben in Calgary ist. „Es ist viel sicherer hier als in Vancouver mit den vielen Obdachlosen, Drogenabhängigen und psychisch Kranken. Das liegt aber sicher auch daran, dass Calgary vor einiger Zeit sämtlichen auf der Straße lebenden Personen ein One- Way-Ticket nach Vancouver spendiert hat, damit diese Leute hier im frostigen Winter nicht erfrieren“. Ich war wirklich unbeschreiblich erstaunt, dass eine Stadt auf diese Weise mit seinen Obdachlosen verfahren kann. Doch tatsächlich scheint diese Praxis nicht nur in Calgary von statten zu gehen. Auch Vancouver versuchte auf diese Weise ihre unliebsamen StraßenbewohnerInnen 2010 aus der Stadt zu bugsieren, weil die Olympiade ins Haus stand. Diese Art von Zaubertrick einer Stadtverwaltung finde ich schon ein starkes Stück. Frei nach dem Motto: Alles was ich nicht mehr sehen kann ist -schwupdiwup - einfach verschwindibust. Das solcherart Aus-den-Augen-Aus-dem-Sinn-Politik nicht unbedingt bestehende soziale Probleme beheben kann ist noch nicht so ganz durchgedrungen.
Wir fuhren an diesem Morgen noch ein wenig in Calgary herum und dann ging es weiter in Richtung Edmonton und immer weiter zu unserem Bestimmungort nach Sandy Beach zur „Wild Horse Ranch“, wo wir möglicherweise den März verbringen werden.

Donnerstag, 16. Februar 2012

Comox Valley

Seit nun mehr 2 Monaten leben wir im Comox Vallex, die 59stigst größte metropole Region Kanadas gelegen auf Vancouver Island. Zwei Inseln und unzählige eher kleinere Dörfer wie auch die kleine Stadt Courtenay gehören dazu. Wenn man sich das alles so anschaut passt das Wort „Metropole“ eigentlich überhaupt nicht. Alles erscheint einfach zu klein.
Obwohl es überall sonst in Kanada und in weiten Teilen Europas eisig zu sein scheint, ist es hier mitunter schon Recht frühlingshaft. Natürlich regnet es ungemein viel. Aber wenn es einmal trocken ist, dann gehen wir gerne mit der gesamten Hundebande, bestehend aus unseren beiden Hunden und den drei spazierfähigen Hunden unserer Vermieterin Bonnie in den Wald und erforschen die unterschiedlichen trails.

Mit den Hunden auf dem Bevan Trail
Gelegentlich verschwinden die Hunde im Unterholz. Wenn Sie dann wieder auftauchen, dann haben sie stets einige alte Rehteile dabei, die sie mit nach Hause schleppen, um dann den Rest des Tages darauf herum zu kauen.

Brynn und ein alter Rehknochen
Obwohl die Natur hier mit den riesigen alten Bäumen, den über uns kreisenden Adlern und sonstigen Getier oft unglaublich schön ist, treffen wir auf unseren Wanderungen aber auch immer wieder auf wilde Müllkippen, die so gar nicht ins Bild passen.
Wilde Müllkippe
Leider ist das Bewusstsein der Kanadier für umweltschonende Mülltrennung und Beseitigung zumeist nicht sehr weit fortgeschritten, so dass Geschäfte weder Batterien noch Pfandflaschen zurücknehmen und viele Kanadier ihren Müll ganz simpel hintern Haus in einer Feuertonne verbrennen oder einfach irgendwo in den Wald kippen.
Abgesehen von den wilden Müllkippen fanden wir auch die restlos abgeholzten Flächen nicht ins Bild passend. Diese Flächen werden „Clear Cut „ genannt. Große Logging Companys holzen bei dieser Technik alle Bäume ab, egal ob alt oder jung. Danach schicken sie eine Horde Treeplanter (BaumpflanzerInnen) um die Gebiete wieder auf zu forsten.
Clear cut
Und nach einigen Jahren beginnt das Spiel von neuen. Nur dass die Zeiten, in denen die Bäume wachsen können, bevor sich wieder abgeholzt werden immer kürzer werden.
Letzte Woche gab es in der öffentlichen Bibliothek (www.virl.bc.ca) eine Lesung von einer Treeplanterin, die in ihrem Leben bereits eine Millionen Bäume gepflanzt hat. In ihrem neuen Buch „Eating Dirt“ beschreibt sie diesen körperlich sehr aushöhlenden job, der ihr doch so viel bedeutet und den sie liebte, solange sie ihn ausüben konnte. Sie beschrieb das Leben in der den oftmals abgelegensten Gebieten, nur mit ein paar anderen Treeplanter und ihren Hunden. Da Treeplanter pro eingegrabenen Setzling bezahlt werden und für jeden Setzling nur wenige Cents bekommen, müssen sie schnell arbeiten, um davon leben zu können. Die wirklich guten Arbeiter verdienen mitunter 350 Dollar am Tag, Neulinge zumeist kaum mehr als 20. Was allen Treeplantern aber nach einiger Zeit gemein ist: Sie bekommen ein anderes Zeitgefühl. Alles und jeder erscheint ihnen zu langsam. Sie reden schnell, sie essen schnell, sie müssen immer schnell los, auch wenn sie frei haben scheint der nächste Setzling sie anzutreiben und der nächste Setzling und der nächste Setzling. Trotzdem ist Treeplanting ein sehr gefragtes Berufsfeld. Als Neueinsteiger auf der Insel ist hier aber schwer heranzukommen. Leichter ist es da schon eine saisonale Arbeit auf dem „Mount Washington Ski Resort“ zu bekommen; aber auch nicht so leicht. Aus eigener Erfahrung würde ich immer raten vorher den sogenannten „jobshop“ (www.thejobshop.ca) zu besuchen. Hier ist es möglich sich über das Procedere beim Jobinterview zu informieren um somit dann nicht von überraschenden Fragen aus der Bahn geworfen zu werden.
Wir haben hier inzwischen so viel Zeit mit dem Suchen eines jobs verbracht, dass sich die Jobsuche nun schon anzufühlen beginnt, als hätten wir quasi einen job als „Jobsuchender“…natürlich ohne Bezahlung versteht sich. Trotzdem wir uns gerade mitten in der Skisaison befinden und ständig Leute auf dem Ski Resort gefeuert werden, kommen doch auch immer neuer BewerberInnnen. Die Glücklichen, die es schaffen auf dem Berg einen job zu ergattern, bekommen zusätzlich einen kostenfreien Skipass, Unterricht und Ausrüstung, weswegen die jobs natürlich noch begehrter sind. Offene Stellen finden sich im internet unter www. mountwashington.ca oder auf Nachfrage bei den einzelnen Departments und bei Owen Embree, der als Anlaufstelle für Arbeitssuchende auf dem mountain immer Freitags persönlich zur Verfügung steht. 


Im Schneesturm auf dem Mount Washington
Obwohl ich schon gerne einen job auf dem mountain hätte, habe ich doch inzwischen wenig Hoffnung noch einen zu bekommen. Und das ist schade, da ich mich doch immer heimischer hier fühle. Besonders in der Nähe des Meeres zu wohnen ist für mich e in Traum.
Wann immer es möglich ist machen wir einen Ausflug ans Meer. Dort finde ich wundervolle Steine und Schneckengehäuse. Schwer wiegen meine Taschen, wenn wir danach nach Hause kommen. Und meine Reisebegleitung spricht von teurem Übergepäck, sollte ich weiterhin versuchen, den halben Strand einzupacken.
Nebeliger Morgen am Meer, der Boden ist übersät mit angeschwemmten Seaweed, welches hier gerne als Dünger für den Garten genutzt wird

Steine von Goose Spit (Comox)

Auch für Rugbyinteressierte hat Comox Vallex etwas zu bieten. Der örtliche Rugbyclub Kickers (http://kickersrugby.ca/) läd jeden und jede zu ihrem Training am Dienstag und Donnerstag ein.
Kickers Männermannchaft bei einem Ligaspiel am 12.02.2012

Valentinsstag brachte mich um mein Rugby Training! Stattdessen ging ich spazieren und fand ein Herzstein.
So sehr ich mich auch Zuhause fühle in unserem Waldhaus auf Vancouver Island…das Weiterziehen rückt mit jedem Tag näher. Und ich sehe es gespalten. Einerseits wird es mir schwer fallen, diesen Ort wieder zu verlassen. Andererseits freue ich mich schon wieder auf die neuen Abenteuer, die das Reisen mit sich bringt. Ich bedaure nur, dass es noch zu kalt zum Zelten ist und wir darum auf andere Unterkünfte zurück greifen werden müssen. Und obwohl die meisten Kanadier und auch etliche Herbergen sehr hundefreundlich sind, mag es doch recht hilfreich sein, dass ich vor kurzen über eine Seite im Internet gestolpert bin, die kanadaweit hundefreundliche Unterbringungen gelistet hat (http://www.pawsperouspets.com/travel.shtml#bc).

Aber wer weiß, vielleicht brauchen wir diese Seite ja auch gar nicht. Wir haben uns entschlossen erst morgen eine Entscheidung über die weitere Gestaltung unseres Lebens zu treffen, was unsere Vermieterin eher lustig fand. Bonnie meint, man könne das Leben sowieso nur „soso“ planen. Die meisten Dinge passieren einfach ohne, dass man sie geplant hat, sagt sie. Nicht ganz falsch, wie ich finde. 
Aber versucht ja nie am Valentinstag zum Training zu kommen. Da lassen die offenbar romantisch veranlagten RugbyspielerInnen auch gern mal spontan ein Training ausfallen, wie ich überraschend feststellen musste.

Montag, 23. Januar 2012

Unser Leben Auf Vancouver Island

Wir wohnen jetzt im Lake Trail Gustehouse. Mit der wirklich netten und extrovertierten Besitzerin Bonnie haben wir einen Deal ausgemacht: Wir arbeiten am Tag 2.5 h für sie und brauchen dafür nur die Hälfte der Miete zu bezahlen (350$ im Monat). Meine erste Aufgabe bestand darin ein Schild mit der Aufschrift: „Lake Trail Guesthouse“ zu basteln. Da Hostels bei Familien (die mehr Geld einbringen) einen schlechten Ruf haben, hat sich Bonnie in den Kopf gesetzt, aus ihrem vormaligen Hostel ein Guesthouse (also eine Pension) zu machen. Dies sollte nun mit einem schönen, neuen Schild vollendet werden. Als dann die erste Familie kam, bemerkte die Mutter, das es nur zwei Bäder, sowie eine Küche für alle BewohnerInnen gab. Voller Verwunderung fragte sie schließlich: Dies ist nicht wirklich ein Guesthouse? Das ist eher ein Hostel, nicht wahr? Tja, dieser schöne Platz bedürfte wirklich einer Renovierung, um daraus ein Guesthouse zu machen. Aber das kostet wahrscheinlich zu viel.
Weiterhin gibt es auf Bonnie‘s Grundstück neben sehr viel Wildwuchs auch 50 alte Apfelbäume. Diese wurden seit Ewigkeiten nicht beschnitten.

Dieser Apfelbaum wurde seit vielen Jahren nicht beschnitten und schaut entsprechend wild aus.

Das verleiht diesen Bäumen im Winter eine etwas gruselige Gestalt - aber trotzdem schön. Da Bonnie neuerdings bestrebt ist, mir neue Dinge beizubringen, ging es nach einer kurzen theoretischen Einführung ins "pruning" (beschneiden von Bäumen) mit der Gartenschere los. Jetzt sehen einige Bäume wirklich ziemlich kahl aus. Aber ich soll das ganz gut gemacht haben, sagt zumindest der Nachbar.

Dieser Baum ist nun fertig frisiert.

Ansonsten helfen wir Bonnie beim Putzen und wenn sie mal nichts zu tun hat, dann werden wir an Nachbarn und Freunde ausgeliehen. So duften wir bei ihrer Nachbarin die Fenster und den Rest des Hauses putzen. Das war übrigens Bonnie’s Weihnachtsgeschenk an ihre Nachbarin. Aber wir wurden auch schon weiter weg geschickt. So zu ihrer Freundin nach Quadra Island. Eine kleine Insel im Norden. Dort hatten wir unsere eigene Hütte. Quadra Island ist sehr beliebt bei Touristen im Sommer und es ist wirklich schön dort.
Treibholz im "Goose Spit" National Park auf Quadra Island.
Neben jeder Menge Treibholz, gibt es lange Strände, an denen wir mit unseren Hunden spazieren gehen konnten. Leider war die Besitzerin der kleinen Pension aif Quadra eine richtige Schinderin. So sollten wir immer alles Mögliche machen und ich konnte nie eine Arbeit beenden, weil es schon wieder was anderes wichtigeres gab. So sollte ich ein erst Geländer bauen. Als ich aber gerade anfing zu sägen, musste ich einen alten Kühlschrank tragen. Doch dann auf einmal, war wieder das Putzen des Flurs wichtig, dann, aber gleichzeitig sollte auch die Badbaustelle weitergetriben werden u.s.w..Dies führte nach zwei Tagen dazu, dass sich das Geländer in eine Falle verwandelt hatte, da es zwar fertig aber nicht angeschraubt an seinem Platz stand. Der Kühlschrank blockierte die Tür eines Bewohners, sodass dieser durch einen Schuppen kriechen musste, um nach draußen zu kommen. Zum Glück musste die Besitzerin einen ganzen Tag weg und gab uns diverse Aufgaben. Als erstes sollten wir die Kacheln in einer Dusche verfugen. Ganz nebenbei bemerkt, war dafür schon ein Handwerker vorgesehen, den sie bezahlen wollte. Aber sie hatte ja uns, ihre Sklaven, denen sie nur eine Hütte geben brauchte. Wir fingen also an das Mosaik in der Dusche zu verfugen. Es dauerte den ganzen verdammten Tag. Aber ich war trotzdem zufrieden, da es echt gut aussah und ich mal wieder was gelernt hatte. Am nächsten Tag, wunderte sich dann die Besitzerin warum wir nicht alles in 2,5 h geschafft hatten. Warum z. B. der Garten noch nicht mit Algen, die wir aus dem Meer fischen sollten, bedeckt war. Na, ja ich wollte mich nicht streiten. Auf jeden Fall war sie mit der Dusche echt zufrieden und lud meine Reisebegleiterin auf eine Girlsparty ein. Hier konnten einige Frauen ihrer täglichen Unterdrückung ein Ventil verpassen. Eines der Hauptthemen war: Wie soll Frau, Männern beibringen, dass sie im Sitzen pinkeln. Dazu wurden verschiedene Lösungsmodelle vorgeschlagen. Einige Frauen gingen in einen Putzstreik, was dazu führte, das die Töchter putzen mussten. Einige schickten ihre Töchter vor, die ihren Vätern die Leviten lesen sollten - hat funktioniert. Ein besonders heiß diskutierter Vorschlag war den Männern einen Stromschlag zu verpassen. So hatte ein Mann in Polen von einer Brücke gepinkelt und dabei eine Zug-Stromleitung getroffen. Er wurde gegrillt und das war auch richtig so, meinten einige. Tja, da war ich echt froh nicht eingeladen gewesen zu sein. Aber sie hatten recht. Ich darf im Gasthaus jeden Tag Klos putzen und es gibt seit zwei Wochen einen Stehpinkler. Jedenfalls schaut mich jeden morgen, das Klobecken mit hochgeklappter Brille an und der Fussboden, die Wände und das Klo selbst sind mit gelber Pisse besprenkelt. Tut es doch draußen! Da ist es eh viel schöner, denke ich seitdem jeden morgen.

Diese Zettel befanden sich in unseren Christmas Knallbonbons zusammen mit einer bunten Papierkrone und kleinem Plastikspielzeug.

Pünktlich zu Silvester kam auch unser Weihnachtspacket mit Karten und jahreszeitlich passsender Dekoration an.
Weihnachten verbrachten wir auch hier auf Vancouver Island. Am 25. 12 gab es ein Büfett in Bonnie’s Haus und alle Mieter und Herbergsgäste waren eingeladen. Nachdem ein zwei Flaschen Wein geleert waren, beschloss Bonnie ihre Nachbarin zu überraschen. Das heißt alle Gäste bekamen ein paar ausgedruckte Weihnachtslieder verpasst und mussten ihrer Nachbarin was vorsingen. Aufgrund Bonnies´resoluter Art, traute sich niemand, sich zu drücken. Und so war der Chor einigermaßen laut, wenn auch nicht immer ganz melodisch.
Am nächsten Tag hatte Bonnie für jeden Bewohner einen Strumpf unter den Plasteweihnachtsbaum gelegt. Das war echt nett und wir bekamen sogar über die Feiertage frei. Der Silvesterabend hatte sich für mich im nach hinein wirklich gelohnt. Auch hier wurden Nachbarn und Gäste eingeladen um dem Glücksspiel zu frönen. So wurde gespielt - eine Karten- Brettspiel Kombination. Jeder konnte ein Dollar in ein Cent Stücken umtauschen und es ging los. Doch schon nach fünf Minuten entbrach ein wilder Streit über die Spielregeln und ich, der das Spiel noch nie gesehen hatte, war ziemlich verzweifelt. Nach ca. 1 h waren sich dann alle einig über die Spielregeln. Meine Reisebegleiterin hatte schon die Runde verlassen und glaubte ich würde mit leeren Taschen wiederkommen. Doch ich hatte Glück, gewann das Spiel und sahnte sagenhafte 4 Dollar ab. Den Rest des Abends verbrachten wir dann mit und den Hunden am Lagerfeuer.

Zwischen den Feiertagen nutzten wir die Zeit, um Bewerbungen für Jobs zu schreiben. Es ist nämlich so, das mensch hier sogar für jeden noch so mickrigen Job ein Resume braucht. Sogar wenn ich als Tellerwäscher arbeiten will. Na ja, die Jobsuche kann echt frustrierend sein, zumal im Winter die Jobs hier rar sind. Es gibt zwar das Mount Washington Alpine Resort, doch die hatten schon ihre 900 Jobs vergeben. Zudem gab es auch nicht genügend Schnee und Gäste. Wie uns auch schon verraten wurde, werden die Jobs generell bevorzugt an Einheimische vergeben. Deshalb werden wir wohl wieder einmal umziehen müssen. Tja, aber dazu mussten wir erstmal unser Auto reparieren lassen. Wie sich herausstellte, kam das schleifende Geräusch von unserer nicht mehr vorhandenen Bremse. Das sogenannte Pad- mit dem mensch bremst, war vollkommen weg und wir bremsten seitdem mit dem Metallteil, auf dem das Pad sitzt. Glücklicherweise wurde uns ein billiger Mechaniker empfohlen und der hat alles für 120 $ repariert. Er meinte auch, das die Bremsen zwei Jahre halten und das, als wir das Auto gekauft hätten, die Bremsen nur max. zu 10% vorhanden gewesen sein können. Das heißt, das unserer Safety Dokument oder zu deutsch der TÜV gefälscht war. Gruselige Vorstellunge. Aber jetzt ist ja alles wieder gut!

Montag, 16. Januar 2012

Fahrt nach Vancouver Island durch die Rockie Mountains.

Nachdem wir uns nun entschlossen hatten, den Musher mit seinen Schlittenhunden zu verlassen, ging es weiter Richtung Westen. Als grobes Ziel hatten wir erst einmal Vancouver Island ins Auge gefasst. Dies sind 2000 km. Da wir keinen genauen Zeitplan hatten, konnten wir uns auch kleinere Abstecher entlang der Route erlauben. So sahen wir ein Schild mit der Aufschrift “Cree Nation Museum 15 km“. Da wir bisher von Gerry unserem musher immer nur Schauergeschichten von den Natives kannten, wollten wir uns selber mal anschauen, wie es in einem Reservat aussieht. Außerdem wollte ich immer mal etwas über die Geschichte der Natives wissen und das vielleicht nicht nur von mit Vorurteilen bespickten Weißen.

Nachdem wir 25 km in besagter Richtung gefahren waren (Ich hatte aus Erfahrung auf den Kilometerzähler geschaut), hatte ich schon gar keine Lust mehr und wollte wieder zurück auf den Highway, da sahen wir erste Häuser. Wie uns Gerry erzählte, bezahlt er mit seinen Steuern ja diese Häuser in den Reservaten. Auf jeden Fall kann das nicht viel gewesen sein, denn die meisten Häuser sahen eher aus wie bessere Container oder waren nur halb fertig. Wie auch immer...eigentlich wollten wir ja zum Museum. Nach ca. 30 km kam dann so etwas Ähnliches, das aussah wie ein Stadtzentrum. Es gab eine Schule, sowie ein Geschäft, das die örtliche Bevölkerung mit junk food und Coca Cola versorgte. „Gut“ dachte ich, "wenn‘s ein Museum gibt dann hier", und beschloss einfach mal jemanden zu fragen. Dies gestaltete sich schwieriger als gedacht. Als ich den ersten fragte, drehte der sich einfach um und ging weg. Das gleiche geschah, als ich eine Gruppe von SchülerInnen ansprach. "Oh mein Gott", dachte ich,"du musst hier als Weißer total außerirdisch sein". Zum Glück verriet mir dann doch eine Schülerin, wo das Museum ist. Nämlich in der Arena. Das Gebäude hatte ich im vorbeifahren schon mal gesehen. Dort angekommen wurden wir gleich mit „Ihr habt euch wohl verlaufen, was?“ begrüßt. Anscheinend kommt nicht oft ein Weißer hier her. Nachdem wir ein halbes dutzend Leute gefragt hatten, wo genau in dem auufernden Gebäude denn nun das Museum sei, landeten wir vor einer Tür, die eher so aus, als ob es dort zur Besenkammer ging. Als wir die Tür öffneten, standen dort alte Stühle, ein Wischeimer, sowie übereinander gestapelte Aktenschränke. "Oh" dachte ich, "hier sind wir wohl falsch". Dann sah ich aber die rauchende Lady. Sie stand neben einem Schild, dass besagte: „Wir möchten noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass hier das Rauchen verboten ist“. Sie sagte uns, dass ihre Kollegin grad Mittagspause macht und das Museum eigentlich geschlossen ist, aber wir könnten uns trotzdem mal umschauen, was wir dann auch taten. Leider gab‘s nicht viel zum anschauen, da der Raum nur spärlich und die Schaukästen gar nicht beleuchtet waren. Aber zum Glück hatten wir unsere Taschenlampe dabei und konnten uns Kleidung, ausgestopfte Tiere und irgendwelche Steine anschauen. Leider gab es dazu keine Erklärungen und auch die Frau, die das Museum leitete konnte uns nicht soviel dazu erzählen. Von daher wirkte die ganze Ausstellung wie ein Haufen zusammengewürfelter Gegenstände ohne Zusammenhang. Schade.
Danach beschlossen wir etwas in einem Imbiss zu essen. Nachdem wir unsere Bäuche mit Pancakes gefüllt hatten, kam ein vielleicht 15 jähriges Mädchen in den Imbiss und versuchte ein wenig Reis zu bekommen. Da sie aber nicht einmal einen Dollar hatte, bekam sie nichts. Leider verschwand sie realtiv schnell, sonst hätten wir ihr sicherlich mindestens den Dollar gegeben.

Da sich der Tag dem Ende neigte, wollten wir wenigstens Edmonton hinter uns lassen. Dies ist eine Stadt mit 800 000 Einwohnern und hat einen dementsprechenden Verkehr. Ich hatte wirklich Angst und war froh, dass ich nicht fahren musste. Selbst in Berlin oder Hamburg habe ich so etwas noch nicht gesehen. Die Leute fahren hier wirklich fast Stoßstange an Stoßstange. Vielleicht zwei Meter voneinander entfernt und das ganze bei 120 km/h und im Berufsverkehr. Dazu gibt es neben den offiziellen Auffahrten noch kleine Nebenstraßen, die auf den Speed Highway führen und für kleine Überraschungsfahrer sorgen. Leider haben wir bei dieser Höllenfahrt, als wir überholt wurden, durch einen Stein auch unseren ersten Riss in der Windschutzscheibe bekommen. Jetzt sieht unser Auto, wie ein gewöhnlich Kanadisches aus, denn nahezu alle Fahrzeuge haben zumindest einen Steinschlag in der Scheibe. Trotzdem schade.
Nachdem wir in einem Motel übernachtet hatten, erreichten wir am nächsten Tag die Rocky Mountains. Eines unserer Zwischenziele war Jasper. Die kanadische Version eines österreichischen schickimicki Skiortes. Es gibt hier sogar Bürgersteige. Auf jeden Fall hatten uns einige Leute erzählt, dass es hier auch gut bezahlte Jobs geben sollte. Aber dem war oder ist noch nicht so. Die meisten Geschäfte waren nämlich geschlossen, weil es kaum Ski-Touristen gab. Auch Kanada hat der Klimawandel erreicht.
Da der Ort teuer und für uns eher gewöhnlich wirkte, beschlossen wir weiter zu fahren. Als es dann Abend wurde, suchten wir nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Dies gestaltete sich ziemlich schwierig, da wir, den Hinweisschildern folgend, entweder im nirgendwo auf einer verschneiten Bergstraße landeten oder aber bei Leuten die gar kein Hostel besaßen. Der letzte Versuch führte uns zu einem ziemlich abgelegenen Hostel. Es war auch niemand zu sehen. Als wir schließlich klingelten öffnete uns ein ziemlich verschlafener Mann in Jogginghosen die Tür. Er erzählte uns, dass die Besitzer eine Reise nach Mexiko gewonnen haben und das Hostel verkaufen wollen. Er sei nur hier um Aufzupassen. Aber er sagte auch “Kommt erstmal rein“. Wie sich herausstellte, hatte er seit zwei Wochen keine Menschenseele gesehen und war froh uns zu treffen. Da er auch ein passionierter Holzfäller ist, durfte ich mir 4 Stunden lang YouTube Videos über das richtige Fällen eines Baumes anschauen. Aber er spielte auch ein wenig mit seiner Gitarre und sang uns viele seiner Lieblingslieder vor. Als es dann spät wurde, schliefen wir alle in einem kleinen, winzigen Raum und wurden am nächsten morgen mit einem typisch kanadischen Frühstück geweckt. Ich durfte mir auch wieder einige Holzfäller-Videos anschauen. Dann ging es weiter und wir mussten uns entscheiden, welche Route wir nach Vancouver nehmen wollten. Da gibt es nämlich den Trans Canada Highway, den alle nehmen (vor allem die Trucks) und einen kleineren Highway, der durch Hells Gate führt.
Hell's Gate ist ein Ort im Fraser Canyon, wo ein ziemlich wilder Fluss durchrauscht. Er ist so etwas wie eine Touristenattraktion und nur mit einer Seilbahn zu erreichen. Wir entschieden uns mal nach Hell's Gate zu fahren. Als wir dort ankamen, war die Seilbahn leider geschlossen (bis April). Also fuhren wir weiter durch die Berge, mit engen Schluchten, steilen Abhängen und alles was dazu gehört. Irgendwann merkten wir, dass die Warnlampe unserer Handbremse ständig leuchtete. Das tat sie vorher schon öfter, ging dann aber wieder aus. Auch hörten wir ein merkwürdiges, metallisches Schleifen. Wir hofften zu diesem Zeitpunkt die Geräusche würden irgendwann wieder verschwinden. Wie naiv! Irgendwann wurde es dunkel und der Weg immer kurvenreicher und abschüssiger. Da beschloss unsere Fahrerin lieber langsam zu fahren. Das heißt 40 oder max 50 km/h. Ich hatte wieder mal Angst, da die Truckfahrer hier gerne mal 120 km/h fahren und uns vielleicht nicht immer rechtzeitig sehen würden. Truckfahrer sind hier wirklich wahnsinnig. Ich meine, es war Eis auf dem Highway und es gab auch Schneeverwehungen und überall am Straßenrand standen halb eingeschneite Schilder auf denen ein Truck abgebildet war, der gerade am Umkippen ist. Nachdem wir von diesen Wahnsinnigen genug hatten, beschlossen wir uns ein Hostel zu suchen. Wir fanden auch eins, indem wir die einzigen Gäste waren. Der Besitzer hatte auch schon lange keinen mehr gesehen und erzählte uns Schauergeschichten über die örtliche Drogenszene (der Ort hat 10 Häuser) und das mensch sich nur selber gegen solche Typen wehren kann, da die Polizei sowieso nichts macht. Ich dachte mir: langsam reicht’s mir wirklich mit dieser verdammten Cowboy- Mentalität. Wir fanden dann auch heraus, warum hier nicht so oft jemand vorbeischaut. Es führten direkt zwei Eisenbahnschienen recht und links am Haus vorbei, auf denen die ganze Nacht Güterzüge hupend vorbeifuhren.

Am nächsten Tag sollten wir dann endlich die Metropolregion Vancouver erreichen. Da unser Ziel Vancouver Island war, mussten wir eine entsprechende Fähre nehmen, die von BC-Ferries betrieben wird. Nachdem wir den Highway verließen, sahen wir uns mit einer 10 spurigen Straße konfrontiert. "Oh Gott", dachten wir, da unser Navi auch nicht mehr wusste wohin. Wir folgten einem Hinweisschild mit der Aufschrift Nanaimo, da wir wußten, dass dieser Ort auf der Insel liegt. Schließlich kamen wir zu einem Kassenhäuschen, wo eine aufgeregte Lady von uns 70 $ für die Überfahrt haben wollte. Sie machte mich echt nervös, da sie echt rumstresste und ständig erzählte, dass die Fähre wegen uns Verspätung hätte und dies pro Minute 2000$ kostete. Als ich dann sagte: Na, ja wenn das so ist, nehmen wir einfach die nächste Fähre wurde sie noch wilder. Wo wollen sie denn dann parken!? Etwa hier!? Geben sie mir jetzt endlich die 70$! Oh Gott. Wir sind zwei Minuten zu spät, schrie sie in ihr Funkgerät. Wie gewohnt zückte ich unsere Bankkarte um den Vorgang zu beschleunigen. Da bekam sie große Augen und ihr Gesicht zeigte mir, das sie kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand. „So arbeiten wir hier nicht“, schrie sie aufgebracht. Da dachte ich: "Was soll denn das jetzt. Ich arbeite hier doch gar nicht. Was will sie?" Sie faselte etwas von Bargeld und ich versuchte nun unser Kleingeld zu zählen. Da wurde sie nochmals wilder, klammerte sich an ihr Funkgerät und gab schließlich auf. Zum Glück kam dann auch ihre Kollegin und beruhigte sie, da ich auch langsam wütend wurde. Schließlich durften wir zum Bankautomat und danach bei ihrer Kollegin (die uns für Franzosen hielt) ein Ticket lösen.
Wie wir später bemerkten, genießt BC-Ferries bei den Einheimischen einen schlechten Ruf und erst gestern hatte eine Fähre vier Stunden Verspätung (das war bestimmt teuer). Und letzte Woche hat eine Fähre das Anlegedock gerammt und ist in Schieflage geraten. Auf jeden Fall erreichten wir am Abend Coutenay und das Lake Trail Guesthouse, wo wir für ein Weilchen bleiben wollen.

Samstag, 10. Dezember 2011

Doghandler wanted in sasketschuwan, Canada

Dies wird demnächst wieder auf sleddogcentral zu lesen, da wir unseren job hier an den Nagel hängen und weiter ziehen. Für alle, die also noch ein Winterabenteuer als doghandler suchen, bei dem sie nicht nur Hunde pflegen, sondern auch auf Schlitten mit ihnen durch die Gegend düsen und -- wenn gewollt - sogar an Rennen teilnehmen, ist dieses Kennel sicher interessant. Unser musher Gerry, der schon etliche Rennen gewonnen hat, darunter den Canadien Challenge, den Torch river Run und den, ist sicher eine der besten Adressen, wenn jemand etwas über middistance races lernen möchte.
Gegenüber dem Gästeklo hängt alles voll mit Trophäen gewonnener Rennen.
Wer aber so ein Leben anstrebt, sollte sich der guten Seiten, aber auch der Schattenseiten dessen bewusst werden. Für mich gehörte hier zu den Schattenseiten die Einsamkeit. Aber wer ohnehin gern alleine ist, für den mag das sicher weniger wichtig sein. Natürlich trifft Mensch auch gelegentlich auf andere Exemplare seiner Art, aber wirklich nur gelegentlich. 
Dieses wie auch die folgenden Bilder wurden von einer "gamecamera" in Pirceland aufgenommen. Die hängt irgendwo im Wald an einem Baum und wenn sich etwas regt, dann macht sie ein Bild.





Viel mehr anzutreffen sind alle möglichen Wildtiere: Moose, Whitetaildeer gleich herdenweise, Kojoten, manchmal Wölfe oder Schneehasen (selten zusammen), Seeadler, Bären,  jede Menge Vogelvieh und dann natürlich die 47 Hunde, allesamt alaskan Huskys.
Wasser gibt es im Morgengrauen, wenn die Augen der Hunde im Licht meiner headlamp schaurig leuchten.
Die täglichen Aufgaben wie füttern, wässern oder Scheiße schaufeln sind in jedem Falle mit guter körperlicher Verfassung leichter zu bewältigen.  Obgleich man auch dann gelegentlich spürt, dass der Rücken vorhanden ist und nicht damit einverstanden zu sein scheint, so oft gebeugt zu werden. Denn 47 Hunde, die 2 mal am Tag gewässert werden, dass bedeutet dann schon 188 mal bücken. Einmal für das Wasser hinstellen, und einmal für das Wasser wegnehmen, bevor es in den Näpfen gefriert. Auch  können die Hunde hier alle zusammen am Tag circa zwischen 94 und 141 Haufen produzieren, die mit dem Eispickel vom Boden gepickelt werden müssen, um dann anschließend mit der Schaufel in Eimer befördert zu werden. Danach kommt dann alles auf einen enormen Hundescheißhaufen und wird kompostiert. Und am nächsten Tag alles wieder von vorne. Wer sich nach einer Weile dann wie Sysiphus vorkommt, hat nicht ganz unrecht. Aber diese Arbeiten gehören einfach dazu.
Dieser tote Hirsch hier wird Hundefutter.
Ebenso gehört das Zubereiten von Hundefutter zum täglichen Geschäft. Es gibt zumeist eine Fleischbrühe mit allenmöglichen Zusätzen wie Öl und Vitaminen und natürlich Kibble (Trockenfutter). Damit einem das Frischfleisch nicht ausgeht, wird gelegentlich herumtelefoniert, ob nicht einer der Nachbarn eine alte Kuh oder ein altes Pferd zu verschenken hat, dass dann hier geschlachtet und sofort zu Hackfleisch verarbeitet wird. Gestern hat jemand angerufen, der zwei alte Pferde loswerden will. Ich bin heilfroh nicht mehr hier zu sein, wenn das Schlachten losgeht. Aber so st es eben. Die Hunde brauchen Fleisch. Vor zwei Wochen bekamen wir von einem Jäger 4 tote Whitetaildeers geschenkt, die unsere Hunde seitdem Stück für Stück zum Abendessen verspeisen. Als wir diese in kleine Stücke verschnetzelt haben, kam ich mir schon ein weniger vor, wie in einem Chainsaw-massacre-Horror-Film.
Die Belohnung für all die Hundepflege ist dann letztlich das Training. Am Anfang fuhren wir zusammen mit dem musher auf einem Tandemschlitten, wenige Tage später schon allein mit einem 6 dog Team (s.vorige Artikel). Manchmal konnte ich das genießen, aber alles in allem habe ich gemerkt, dass ich doch nicht der Typ bin, der das hier auf Dauer machen kann. Unser musher, der etwa 10 Jahre erfahrener ist als ich was Schlittenhunde angeht, liebt das Leben gelegentlich wild und gefährlich. Ich liebe das Leben; einfach nur so. Drum empfindet er waghalsige trails mit engen Kurven und steilen Abhängen als spaßig, während ich jedes Mal hinterher gar nicht recht glauben konnte, wie ich da heil wieder rausgekommen bin. Früher habe ich so etwas genossen; ebenso wie unser musher hier, der früher ein Bullriding Champion war. Obwohl er das Bullriding aufgab, hat er immer noch einen Hang zu sehr aufregenden sportlichen Betätigungen. Was ich auch von mir dachte. So kann man sich irren.
Sicher hätte ich das Hundeschlittenfahren auf schwierigen Trails mit der Zeit lernen können. Und der musher ist auch echt ein Mensch, mit dem man reden kann, der eventuell ein Kompromiss gefunden hätte…aber da es noch viele andere Dinge hier gibt, die mir wenig behagen und ich nicht von mir behaupten kann in der Zeit hier absolut crazy about sleddogs geworden sein, ist es Zeit für mich und meine geschätzte Reisebegleitung weiter zu ziehen.
Abgesehen von dem job als handler, sind auch die Leute, die einem über den Weg laufen,  sehr fixiert auf eine Lebensrealität, die sich im hohen Maße ums Jagen dreht. Ein Thema, bei dem ich null mitreden kann, und was mich auch nicht als solches interessiert. Aber ich habe hier gelernt, diese ganze Jägerkultur zu respektieren; anders geht es hier einfach nicht. Im Umkehrschluss anzunehmen, dass die Bevölkerung hier  irgendein Verständnis für Vegetarier hat ist schlichtweg falsch, weswegen ich diesen Teil meines Lebens nicht unbedingt mehr gegenüber Leuten erwähne.

Dieser lustig gemeinte Aufkleber klebt an unserem Quad.
Womit man sich als handler auch zumeist abfinden muss ist, dass man quasi sehr eng mit den Leuten zusammen wohnt. Das hat der Vorteil, dass sie einen wundervoll bekochen, einem faszinierende Geschichten erzählen und überallhin einladen. Doch möchte man dann mal Zeit nur für sich ist das eher schwierig. Dies kann natürlich auch an der hier vorgelebten Arbeitsmoral liegen. Es ist schon möglich frei zu bekommen, aber eher auf Nachfrage, nicht als regelmäßige Vereinbarung. Dies könnte der oder die nächsten handler auch anders verabreden, denke ich. Wir waren nicht richtig gut darin um einen freien Tag zu bitten, weswegen wir unseren ersten freien Tag auch erst nach ein anderthalb Monaten hatten. Vorher war absolut jeder Tag ein Arbeitstag.
Hier waren die Biber am Werk.
An  meinem freien Tag dann fuhren wir nach Cold Lake. Hin,- und hergerissen einen Nebenjob anzunehmen, oder alles hinzuschmeißen. Wir wanderten durch die nähere Umgebung, passierten Biberhäuser und waren ständig umgeben von einem ohrenbetäubenden Lärm.
Das waren die Kampflieger der nahegelegenen Militärbasis. Wir gingen spazieren und dann in alle möglichen Fast-Food- Restaurants, in denen wir unsere Lage ausgiebig diskutierten. Nach den ganzen Wochen hier hatten wir immer noch keine Leute kennengelernt, weswegen wir also niemanden besuchen konnten. Ich hatte mir sogar überlegt, andere Musiker zu finden, zwecks gemeinsamen Musizierens und dem Knüpfen sozialer Kontakte. Ich fand heraus, dass es zumindest zwei Chöre gab…einen kirchlichen und den anderen von der Militärbasis. Da ich aber nicht besonders christlich bin und mir auch nicht vorstellen kann Loblieder auf das Militär zu singen, nicht mal auf das kanadische, fiel dieser Plan also auch flach. Ich glaube, wenn ich zu der einen oder anderen Chorprobe gegangen wäre, hätte ich demnächst das Gefühl, nicht mehr ich selbst zu sein…das Gefühl quasi von den Borg assimiliert worden zu sein. Wir sind die Borg. Sie werden assimiliert werden. Wiederstand ist zwecklos. No Exit, wie auf einem Straßenschild  unweit unseres jetzigen Heims steht.
Nein, fair ist dieser Vergleich mit unfreundlichen Außerirdischen nicht. Es gibt hier sicher viele faszinierende Menschen. Zu viele davon habe ich noch nicht gesehen. Aber ein paar schon. Am Tage, als wir beschlossen weiterzuziehen, bekamen wir eine Einladung zu einen Wohnzimmerkonzert im örtlichen Bed and Breakfast. Ein wirklich sympathischer (und anscheinend recht bekannter) Musiker  von Kanadas sunshine coast  spielte Gitarre und sang songs. Überall standen jede Menge Kuchen und andere Desserts herum, außerdem Wein und Himbeersaftpunsch (köstlich!).  Da wir uns ja in einem Wohnzimmer befanden, hatten alle - auch der Musiker - ihre Schuhe ausgezogen und liefern in Socken herum. In den Pausen sprachen wir mit etlichen uns vorher gänzlich unbekannten Menschen aus der Gegend, die uns gern zu sich eingeladen hätte, was aber keinen Sinn mehr machte, da wir ihnen sagten, dass wir weiterziehen würden. Daraufhin schrieben einige uns ausufernde Zettel mit Orten, die wir unbedingt auf unserer Reise besuchen sollten. Es war ein bezaubernder Abend. Im Übrigen findet ein solcher Abend an jedem ersten Freitag im Monat statt. Wir hatten das Glück von der freundlichen Besitzerin des Etablissements eingeladen zu werden; ansonsten kostet der Abend etwa 20 Dollar. Getränke, Desserts und anregende Gespräche inbegriffen.
Maguire's Bridge Bed & Breakfast
Nun ist unser letzter Tag in Pierceland angebrochen. Wir verlassen den Ort morgen sich mit einem lachendem,- und einem weinendem Auge. Aber unsere Entscheidung steht fest.
Die Frau des mushers besteht darauf noch unsere Klamotten zu waschen, wir bekamen eine Straßenkarte (auf der die besten Routen und die schönsten Orte von Gerry mit einem gelben Marker gekennzeichnet wurden), eine Tim Hortens Geschenkkarte und etwas Taschengeld geschenkt, und dann sagen sie noch: Sagt Bescheid, wenn ihr gute angekommen seid. Ein sehr familiärer Abschied. Wer weiß, vielleicht werden wir uns einmal wiedersehen.