Montag, 5. März 2012

Zurück nach Alberta


letzte Ausflüge auf Vancouver Island

Nach zwei Monaten in dem milden Winter in British Columbia haben wir uns entschlossen zurück nach Alberta zu gehen. Doch bevor wir die Küstenregion auf Vancouver Island verlassen haben, waren noch einige Wanderungen eingeplant. Zum einen besuchten wir die „Nymph Falls“ ganz in der Nähe von Courtaney. Hier fließt ein wilder Strohm und es gibt zahlreiche Wanderwege durch den bemoosten Regenwald. 
 
Ernie an den Nymph Falls

Bemooste Bäume, Nympf Falls

Wir konnten die Höhe dieses Baumes nicht schätzen. Wenn man davor steht ist es so, als hört er nie auf uns wächst direkt in den Himmel.

Unser zweiter Ausflug führte uns auf die westliche Seite der Insel nach Ucluelet. Das erste was auffällt, wenn man über einen Gebirgsrücken zu dieser Küste unterwegs ist, sind die Tsunami- Hinweisschilder. Am 28. März 1964 wurde der letzte Tsunami an Vancouver Islands Westküste verzeichnet. Danach gab es gelegentlich kleinere Seebeben; doch ein Tsunami bleib glücklicherweise seitdem aus.
Tsunami Hinweisschild Ucluelet

Jetzt im Winter gibt es kaum Touristen in dieser Gegend. Im Sommer soll es recht überfüllt sein. Und dies ist verständlich, denn diese Küste ist ein magischer Ort. Das Meer ist wild und stürmisch als wir ankommen. Große Gesteinsbrocken ragen heraus, auf denen wir herumkrabbeln, um näher an die scheumenden Wellen heran zu kommen. Man geht wie auf kleinen felsigen Inseln die von Wellen umspült werden und der Anblick auf die tosende Gischt ist atemberaubend. Allerdings nur solange, bis wir merkten, wie gefährlich unser Standpunkt war. Denn plötzlich wurden die Wellen immer wilder und größer und der Rückweg über einige Felsbrocken war abgeschnitten. Glücklicherweise wurde der Stein auf dem wir standen nicht überspült und nachdem die Wellen wieder ein weniger ruhiger geworden waren, kletterten wir schnell an Land zurück. Ein wenig später sahen wir die ersten Hinweisschilder, die darauf aufmerksam machten, dass jegliches Klettern auf den Lavafelsen wegen lebensgefährlicher Wellen verboten sei. Mir wurde nochmal nachträglich mulmig. Trotzdem. Der Anblick des schäumenden Meeres ist auch von dem sichereren Wanderweg ein Erlebnis.
Wild Pacific Trail Ucuelet

Was hier ausschaut wie Schneeflocken ist in Wirklichkeit Schaum


Leider waren wir nur einen Tag an dieser atemberaubend schönen Küste, so dass wir andere Strände nicht mehr besuchen konnten, an denen auch im Winter Wellenreiten angeboten wird.
Auch die Wale, die vor dieser Küste wandern, konnten wir leider nicht finden. Dafür fanden wir aber im Hafen von Ucluelet jede Menge Seelöwen, die fortwährend munter bellten.

Seelöwen in Ucuelet

Nachdem wir auf Vancouver Island fast eine Art Frühling hatten, fühlen sich der hohe Schnee und die Temperaturen zwischen -20 und 0 Grad auf unserer Reise nach Alberta an wie eine Reise „Zurück in die Vergangenheit“. Denn in Alberta ist noch kein Frühling sondern Winter. Weil wir einige MitfahrerInnen hatten, die nach Kelona und Calgary wollten, nahmen wir diesmal eine andere Route über das Gebirge. Ich hatte doch ein wenig Angst vor den vereisten Straßen vom Hinweg und besorgte uns deshalb zur Sicherheit Schneeketten, damit wir diesmal sicher durch die Berge kämen. 
Schneeketten richtig zu montieren ist gar nicht so einfach. Am besten unbedingbt vorher mal ausprobieren!
Es stellte sich heraus, dass dieser Weg über das Gebirge zwar ein wenig Länger, aber dafür weit besser zu befahren war. Denn die Rocky Mountains sind auf dieser Strecke zwischen Vancouver und Kelowna viel weniger steil als auf der Strecke durch den Frasier Canion. Auch das Klima ist eher milde und die Berge eher Hügel. Im Sommer gedeihen hier die unterschiedlichsten Obstbäume und es wachsen in der angrenzenden Wüsten sogar einige Kakteenarten. Nachdem wir den ganzen Tag von Vancouver bis Kelowna gefahren waren, lud uns unsere Mitfahrerin ein, bei ihrer Mutter in ihrem Haus zu übernachten. Dort wurden wir köstlichst bekocht und bekamen ein eignes Gästezimmer für die Nacht.
in Kelowna
Am nächsten Tag ging es weiter und wir holten eine andere Mitfahrerin in einem in der Nähe gelegenen Dorf ab. Sie studierte zeitgenössischen Tanz in Calgary und ihr Motto war „Every Kind of Movement is good“ ( Jede Art von Bewegung ist gut). Es stellte sich heraus, dass unsere Mitfahrerin gewohnt war im Gebirge zu fahren und so nahm sie mir mit Freuden das Fahren ab. Während unserer Fahrt erfuhren wir alles über den „White Pride Day“ in Calgary, der immer im Herbst stattfindet und den wir übereinstimmend nur als „ätzend“ abstempeln konnten. Auch erzählte sie uns über Calgary und sein außergewöhnliches Wetter. Etwa alle 2 Wochen gibt es im Winter einen „Chinouk“ in dieser gegen. Der „Chinouk“(Begriff der Natives für Snow eater oder Schee-esser) ist ein warmer Wind, der über das Gebirge weht und die Stadt gerne mal auf plus 10 Grad aufwärmt und natürlich allen Schnee zum Schmelzen bringt, während es in der übrigen Zeit gerne mal zwischen -20 und -40 Grad kalt werden kann. Bei den olympischen Winterspielen 1988, die in Calgary stattfanden, verursachte der „Schee-esser“ über Nacht einen Temperaturanstieg von -30 auf plus 12 Grad. Etliche Veranstaltungen mussten daraufhin abgesagt werden, da der Schnee geschmolzen war. Die starken Winde des Chinouk können eine Schneedecke von 30 cm innerhalb eines Tages komplett schmelzen, während der Schnee im Gebirge davon nicht angetastet wird.
Während die Straßenverhältnisse auf unserer Reise durch die Rockys zumeist tadellos waren, kamen wir wenige Stunden vor Calgary doch in ein Gebiet, in denen es zuvor heftig geschneit hatte. Trotzdem war die Straße wunderbar geräumt. Nur die Straßenschilder waren mitunter durch den hohen Schnee verdeckt. Plötzlich wurde der gesamte Verkehr angehalten. Ich vermutete schon einen Unfall. Doch falsch gedacht. Wir mussten warten, weil es auf der Straßen eine „Avalanche Control“ (Lawinen Kontrolle) gab. Ein Stückchen weiter die Straße herunter hatte das Militär mit einigen kleineren Kanonen Stellung bezogen, um auf die verschneiten Hänge zu schießen und somit kontrolliert etwaige Lawinen auszulösen. Diese werden auch deshalb befürchtet, da es ein partielles Waldsterben auf den Hängen gibt. Ein Käfer frisst hier die Nadelbäume so radikal ab, dass sie absterben. Zu sehen sind dann merkwürdig kahle Flecken auf den ansonsten bewaldeten Hängen. Früher, so erzählte man uns, sei der Käfer im Winter abgestorben. Aber die Winter seien nun nicht mehr kalt genug, so dass der Käfer sich rasant ausbreiten würde. Klimaerwärmung als Anschauungsunterricht, dachte ich mir da nur. Nicht gut.
Käferbefall in Nadelbäumen (Alberta)

Auch in Calgary übernachteten wir bei unserer Mitfahrerin. Diesmal allerdings auf einer Matratze zwischen Haustür und einem wild rumorendem Kühlschrank. Mehr oder weniger unausgeschlafen erwachten wir am nächsten Morgen. Beim Frühstück erzählte uns unsere Gastgeberin davon, wie schön das Leben in Calgary ist. „Es ist viel sicherer hier als in Vancouver mit den vielen Obdachlosen, Drogenabhängigen und psychisch Kranken. Das liegt aber sicher auch daran, dass Calgary vor einiger Zeit sämtlichen auf der Straße lebenden Personen ein One- Way-Ticket nach Vancouver spendiert hat, damit diese Leute hier im frostigen Winter nicht erfrieren“. Ich war wirklich unbeschreiblich erstaunt, dass eine Stadt auf diese Weise mit seinen Obdachlosen verfahren kann. Doch tatsächlich scheint diese Praxis nicht nur in Calgary von statten zu gehen. Auch Vancouver versuchte auf diese Weise ihre unliebsamen StraßenbewohnerInnen 2010 aus der Stadt zu bugsieren, weil die Olympiade ins Haus stand. Diese Art von Zaubertrick einer Stadtverwaltung finde ich schon ein starkes Stück. Frei nach dem Motto: Alles was ich nicht mehr sehen kann ist -schwupdiwup - einfach verschwindibust. Das solcherart Aus-den-Augen-Aus-dem-Sinn-Politik nicht unbedingt bestehende soziale Probleme beheben kann ist noch nicht so ganz durchgedrungen.
Wir fuhren an diesem Morgen noch ein wenig in Calgary herum und dann ging es weiter in Richtung Edmonton und immer weiter zu unserem Bestimmungort nach Sandy Beach zur „Wild Horse Ranch“, wo wir möglicherweise den März verbringen werden.