Sonntag, 14. August 2011

Woofen auf der „Northern Sun Farm“ (Manitoba)

Jeder, der fähig ist seiner eigenen Scheiße ins Auge zu sehen um sie anschließend an die Würmer zu verfüttern, kann auf dieser Farm überleben. Die anderen nicht, denn es gibt nur diese Art von Toilette, die jenseits von Wasserspülung funktioniert. Das „outhouse“ beherbergt entsprechend einen Toilettensitz unter dem sich ein ganz gewöhnlicher Eimer befindet. Wenn getan ist, was jeder Mensch nun einmal gelegentlich tun muss, dann kommt das Ergebnis dessen in eine riesige Kiste mit Würmern, die besten Kompost daraus produzieren. Hört sich ungewöhnlich an, ist aber eine Sache, an die man sich gewöhnen kann. Und wir hatten nun schon 14 Tage Zeit dazu.  
Nun sind wir schon über 2 Wochen auf der „Northern Sun Farm“ in der Nähe von Winnipeg. Naja, so nah ist es nun auch nicht dorthin…die nächste kleine Stadt heißt “Steinbach“ und es scheint so, als habe jeder dort deutsche Anverwandte, wenn er oder sie nicht gar selber einst mit den Eltern nach Kanada ausgewandert ist. Nirgendwo vorher haben wir so viele Menschen deutsch oder plattdeutsch miteinander reden hören, seit wir  hier sind.
Die meiste Zeit allerdings verbringen wir auf der Farm und nicht in der kleinen Stadt. Die Menschen, die hier leben sind alle sehr freundlich, ein wenig esoterisch veranlagt, aber nicht unbedingt missionarisch. Sie versuchen mit ihren Gärten und ihren Tieren im Einklang mit der Natur zu leben.
Diese Ziege lebt auf unserer Farm. Die Hunde haben Angst vor ihr, denn sie weiß ihr eines Horn zu gebrauchen!

Brynn mag die Schweine!

Diese Naturverbundenheit drückt sich zum Beispiel darin aus, dass der Strom selber produziert wird. Zum einen werden hierfür Solaranlagen benutzt. Und wenn die Sonne einmal nicht scheint, dann windet es zumeist und der Strom wird durch ein Windrad generiert. Ist es windstill und die Sonne scheint nicht, kann immer noch auf eine Batterie zurückgegriffen werden. Und wenn auch hier der Strom verbraucht ist…nun dann gibt es immer noch Kerzen.  Es findet sich also immer eine Lösung.
Auch das Kochen ist eher ursprünglich. Jeder hat zu Hause einen kleinen Herd mit Ofen. Doch für die täglichen gemeinsamen Abendessen, bei denen jeden Tag jemand anderes für alle kocht, gibt es eine große Küche im Community-Center. Die Kochstelle hier wird mit Holz befeuert. Der Rundbau ist den ganzen Tag über herrlich kühl und aus Holz und eine Art Lehmbau zusammengezimmert. Auch wir hatten schon zweimal „Kochdienst“ und mussten so für ungefähr 16 Leute kochen. Da einige Leute hier ausgefallene Allergien haben, ist das nicht so einfach. Das Essen muss stets frei von Milchprodukten und Gluten, sowie Konservierungsmitteln und Gemschmacksverstärkern sein; darf aber Fleisch enthalten. Meine Reisebegleitung und ich sind die einzigen beiden Vegetarier auf dem Hof. Gestern haben wir unseren Mitmenschen tatsächlich etwas mit Fleisch zubereitet…wir hatten zu viel frisches Fleisch für unsere Hunde beim Schlachter erstanden. Es war ganz frisch, aber mit mehr Knochen als Fleisch und darum nicht zum Verkauf für Menschen vorgesehen. Um es haltbarer zu machen, wurde es im Solarofen gebacken. Das ist ein Ofen, der nur durch starke Sonneneinstrahlung funktioniert. Ein Teil unserer „Hundemalzeit“ würzten wir mit Knoblauchblüten und anderen Gewürzen. Den Nicht- Hunden- aber doch Fleisch-Essern hat es geschmeckt!
Einige Tage zuvor hatten die Hunde ihrerseits einen Kuh-Kadaver vom örtlichen Fleischer geschenkt bekommen den sie hier mit Genuss bearbeiten.

Wenn wir nicht mit Kochen dran sind, dann helfen wir vor allem Dawn und Mitch, die einen Riesengarten bewirtschaften dessen Überschüsse sie auf einem Markt in Winnipeg verkaufen. Gerade ist der Knoblauch an der Reihe. Er wurde bereits geerntet und zum Trocknen in ein kleines Treibhaus auf gehangen.  Da hingen sie nun eine Zeitlang die etwa 6000 Knollen. Und es gab einige Regentage, so dass sie nicht richtig trocknen konnten. Darum mussten wir alle Knollen, bevor sie ernsthaft anfangen konnten zu schimmeln, von ihren Außenhüllen befreien, was etwa 3 Tage dauerte. Nachdem die Knollen dann noch ein wenig mehr getrocknet sind, wurden sie zu Zöpfen zusammengeflochten. Immer zu 10ner, 15nen oder 30ern.

Eines unserer Zahlreichen Abschiedsgeschenke von der Farm hängt inzwischen in unserem neuen Zuhause.

Und am Samstag kamen die ersten geflochtenen Knoblauchstränge dann auf den Markt (St Norbert Farmers Market), wo sie sicher noch einige Wochen jeden Samstag zum Verkauf angeboten werden (am Samstag den 13. 8. waren sie nach kurzem ausverkauft, weswegen wir heute neue Flechtarbeiten anfertigen müssen).

Zum Trocknen aufgehangener Knoblauch

Zwar bekommen wir vom Knoblauchflechten Blasen, aber es macht auch Spaß. Außerdem ist es auf dieser Farm nicht so, dass man sich tot arbeitet. Manchmal gibt einfach nicht viel zu tun und es ist an einem selber, sich eine Aufgabe zu suchen oder einfach einmal auszuspannen. Da wir leider sehr viel mit unserem Autokauf beschäftigt waren, sind wir leider nicht in den Genuss der vollwertigen Woofer gekommen und waren als Gäste dafür aber relativ unabhängig. Guest-Stay eignet sich auf dieser Farm auch besonders, wenn Mensch nur ein paar Tage Zeit hat und sich nicht umfassend engagieren kann. Hierfür wird eine Doantion - also eine Spende - erwartet, währedn Woffer als Gegenleistung für ihr Tagewerk voll verpflegt und untergebracht werden.
Manchmal sehnen wir uns hier nach den wunderbaren Sommerspaziergängen in Potsdam und Berlin. Leider ist es zu dieser Jahreszeit kaum möglich ausgedehnte Spaziergänge durch die Wildnis zu machen. Die Hunde und meine Reisebegleitung haben es probiert. Alle kamen nach kurzer Zeit völlig zerstochen von Mücken und den verschiedenen Stechfliegen zurück, die sich sicher allesamt wahnsinnig gefreut haben müssen, dass ihr Essen sie im Unterholz besucht. Um unsere Farm herum gibt es nur sehr wenige Fade im Unterholz. Es ist zumeist so dicht, dass es kaum passiert werden kann. Erst im Herbst ist es möglich überall herum zu spazieren und gleichzeitig Pilze zu suchen, die es dann in Hülle und Fülle gibt.  Aber jetzt ist es Hochsommer und wir können das Gelände nicht vollkommen erkunden. Nur die Tiere, die darin leben, hören wir immer, während wir uns an die größeren auch mit den Autos befahrbaren Verbindungsstraßen halten. Abends sind es vor allem die Kojoten, die sich mit anhaltendem Heulen Gehör verschaffen. Dabei ist ihr Heulen etwas höher als das der Wölfe und sie sind auch sehr viel scheuer. Außerdem treffen wir überall auf die kleinen Streifenhörnchen, die ein Geräusch machen, als würden sie eine Flasche Flensburger Pils entkorken. Die Gardensnakes dagegen machen überhaupt gar kein Geräusch, weswegen es schon einmal vorkommt, dass man zufällig darüber stolpert, was dem Labrador Ernie im wahrsten Sinne des Wortes schon passiert ist! Auch unsere Hündin Brynn machte schon Bekanntschaft mit dieser Art von Schlange, als sie sich auf einem Feld genüsslich auf eine drauflegte. Mir ist ganz anders geworden, als ich das sah. Was ich zu diesem Zeitpunkt leider nicht wusste: Diese hier weit verbreitete Schlange ist absolut harmlos. Solange man kein Frosch ist, hat man nichts vor ihr zu befürchten. Und selbst dann…die Frösche sind hier einfach in der Überzahl. Ständig hüpft einer herum. Besonders viele finden sich natürlich in unserem „Badezimmer“, dem kleinen ausgebaggerten Teich, in dem man sich waschen und auch ein wenig schwimmen kann. 
Wir teilen unser "Badezimmer" mit Hunden, Fröschen und einer großen Schildkröte.

So schön auch es hier in der Natur und mit diesem naturverbundenen Menschen ist, hoffen wir doch, schon bald weiter zu kommen. Aber dafür müssen wir erst einmal ein Auto haben, welches wir bei einem Auto-Auktionär bestellt haben. In einer Woche will dieser mit Namen Mr. Penner (Kein Scherz! Die Familie Penner ist eine weitverzweigte angesehene Familie in Steinbach) unser Auto ersteigt haben. Wir können es kaum erwarten!

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