Mittwoch, 14. September 2011

Bei den Schlittenhunden von the Pas


Auf den Straßen von Manitoba
Hals über Kopf fuhren wir also los aus Steinbach, weil wir einem Hundeschlitten- Rennfahrer unsere Hilfe für sein Kennel zugesichert hatten. Und zwar schon am kommenden Tag. Wir fuhren im Morgengrauen los. Die Fahrt dauerte 10 Stunden, ohne dass wir lange Pausen hätten machen können, da unser neuer Bekannter im kleinen Städtchen „The Pas“ schon am kommenden morgen für 3 Wochen nach Bulgarien aufbrechen musste, und uns vorher noch so einiges erklären wollte. Also fuhren wir, so schnell es eben ging. Meistens geht es nicht sehr schnell voran hier. In Manitoba ist es manchmal erlaubt 100 km pro Stunden zu fahren, manchmal 80 oder weniger. Auch ist es nicht immer möglich wirklich so schnell zu fahren, wie gestattet ist, weil die Schlaglöcher auf dem Highway, je weiter es gen Norden geht, mitunter beträchtlich sein können. Und natürlich geht es fast immer nur geradeaus.
Weite Strecken wurde ich von meiner Reisebegleitung kutschiert. Diese hatte gerade ihren nigel-nagel-neuen Manitoba- Lerners-Permit erhalten, mit dem es nun möglich war unter meiner Aufsicht überallhin zu fahren. In unserem Fall: Immer geradeaus. Als einmal eine Kurve kam (das hatten wir noch nicht geübt!) war uns beiden ein wenig Angst und Bange, ob das auch klappen würde. Aber dann ging es wieder nur für Stunden geradeaus. Weiter Himmel, Buschlandschaft und First-Nation- Reservate flogen nur so an uns vorbei.

Ankunft in „the Pas“
Irgendwann fuhren kaum noch andere Autos auf der Straße Richtung Norden. Und der Tag neigte sich. Plötzlich Werbeschilder und dann, gleich neben der Tourist Information ein Riesentrapper- Welcome –to the Pas- Schild. Da waren wir also. Die Anschrift, die wir bekommen hatten sah sehr merkwürdig aus. Eher so, wie eine kanadische Postleitzahl. Zusätzlich hatten wir eine Wegbeschreibung erhalten. Ich war ganz sicher, dieser vielfache Hundebesitzer lebt in einer Hütte im Wald. Stattdessen kamen wir bald zu einer Art Wohnwagen-Siedlung. Allerdings sind die Wohnwagen, die hier Trailer heißen, wirklich so groß wie manch kleines Haus. Eigentlich imitieren sie ein Haus perfekt, da sie auch über Wasser-Anschluss, Strom und Vorgarten verfügen. Nur im Winter ist der Unterschied sicher zu bemerken, da die Wände eher dünn sind.

Der Musher
Da standen wir nun. Von einer Klingel keine Spur. Typisch Kanada. Man geht einfach erstmal rein, und hofft, dass die BewohnerInnen a) daheim sind b) gerade auf Besuch eingerichtet und c) keine bissigen Hunde freilaufend haben. Der Musher war nicht zuhause. Außer einer total verschmusten Hündin und ihrer 5 Welpen. Rund herum der Sumpf und mit der aufkommenden Dämmerung natürlich Horden an Mücken. Aber es half nichts. Wir saßen eine Weile unschlüssig auf der Türschwelle und ließen uns aussaugen. Noch etwas später waren wir vollkommend zerstochen und die Hunde unruhig, weil sie sich nach Bewegung sehnten. Also hinterließen wir eine Nachricht und gingen von dannen. Wir waren noch gar nicht weit gekommen, da hielt ein Mann mit einem Auto:“ Are you the guys from Germany?“ „Äh, yes.“ Ok, sagte der Mann in dem Auto, dann kommt mal mit. Es war der Hundebesitzer. Wir waren total fertig von der langen Fahrt. Trotzdem wurden wir an diesem Abend dem Nachbarn vorgestellt, der noch fertiger wirkte, als ich mich fühlte. Er sagt nur, er arbeite als Honigernter, während ich sofort als „die neue dodhandlerin“ vorgestellt wurde, was mir alles doch etwas schnell ging. Wir hatten die Hunde ja noch nicht einmal gesehen. Und meine Reisebegleitung wurde gleich für irgendwelche Jobs eingeplant; allerdings nicht mit Hunden, was ja auch gar nicht richtig war. Doch der Hundebesitzer war schwer zu bremsen. Zeigte uns am selben Abend spät noch seine Hunde, die in einem Waldstück hausten. Es stank furchtbar nach Hundehaufen und war auch schon ziemlich dunkel. Trotzdem waren wir noch guten Mutes. Ich hatte so viele Fragen. Aber der Hundemensch meinte, er hätte sich vertan und sein Flieger gehe ja viel später als gedacht und gar nicht morgen sondern übermorgen und es sei ja noch soviel Zeit. Davon abgesehen musste er ganz schrecklich viel telefonieren und skypen und hatte einfach keine richtige Zeit für uns und unsere Fragezeichen.
In der Anzeige, die er auf „dog central „ im internet hatte stand, die Stelle sei gegen Unterbringung und Verpflegung, so wie ein monatliches Taschengeld von 500 Euro zu haben. Die Unterbringung war ein kleines Zimmerchen in dem Trailer, der ansonsten ausschaut, als habe eine Bombe eingeschlagen. Eigentlich ist wirklich viel Platz…aber es gibt auch wirklich eine ganze Menge Müll sowie alle möglichen Ausrüstungsgegenstände, die nicht gerade geordnet sind, außerdem keine Couch und keinen Esstisch. Stattdessen halb renovierte Ecken, sehr viele leere Bierdosen und ansonsten eine Mischung aus einfach allem. Uns war inzwischen fast alles egal. Wir waren so müde. Und das Bad uns die Küche sahen schließlich ok aus. Wer weiß…vielleicht war er gerade am renovieren. Meine Augen fielen mir zu.
So ließen wir den weintrinkenden, mit Internetbekanntschaften flirteten und damit hoch beschäftigten Menschen schließlich allein und verabschiedeten uns für die Nacht. Der Hundebesitzer rief uns noch hinterher, wir würden dann um 7 frühstücken und wenn er nicht aufwachen würde, dann sollten wir ihn doch aus dem Bett schleifen. Mir graute. Ich kann es gar nicht leiden weiterschlafenwollende Morgenmuffel aus dem Bett zu schleifen. Das würde ich nur für sehr, sehr gute Freunde tun, die mich ausnahmsweise darum bitten, weil sie am nächsten Tag einen unsterblich wichtigen Termin nichtverpassen dürfen. Hmmm.
Am nächsten Morgen.
Ich hatte mich aus dem Bett gequält. Genauso meine arg mitgenommen aussehende Reisebegleitung. Und da saßen wir nun. Allein, ohne Frühstück. Ohne unseren Schlittenhund-Rennfahrer. Ich machte erstmal Kaffe und bettelte dann meine Reisebegleitung an, er möge doch bitte den mir so verhassten Weckdienst übernehmen, was er auch tat (er ist eben ein Schatz…). Der ganze Tag dann im Laufschritt. Einkaufen, Hundefutter und Wasser anrühren, Notfalltelefonnummern von anderen Mushern aufschreiben, eine Liste mit Namen der Hunde, ein Liste mit den Ingredienzien des Futters und dann ab zu den Hunden in den Wald.

6 der ältern Welpen von links nach rechts: Fargo, Mouse, Nanuk, Sunshine, Dex und George

Im Kennel bei den Schlittenhunden
Ein Kennel, oder Hundemeute samt Hütten, mitten im Nirgendwo. Hunde soweit das Auge reicht. Und wir waren schon wieder am Rennen. Essen verteilen. Bei jedem Hund die Rippen fühlen und entscheiden, wie viel Essen er oder sie bekommen soll. Einige Hunde waren extrem ängstlich und wurden an ihren Ketten, die jeweils an einer Hundehütte angebracht waren herangezogen. Freundlich aber bestimmt sollte dies geschehen, wie mir gesagt wurde. Das fand ich schon seltsam…aber, naja, sie kennen mich ja auch nicht, dachte ich mir. Das wird wohl noch besser werden.
Ein Hund hatte ein schlimmes Auge. Ich hackte nach. „Der hat versucht zu beißen, da ist es egal, ob ein Hund lebt oder stirbt“, sagte der Musher dieses Kennels. Bis jetzt weiß ich nicht was über mich gekommen ist, dass ich nicht sofort auf dem Absatz kehrt gemacht habe, nach diesem Satz. Irgendwie wollte ich es wohl nicht glauben, die Sprache...es ist sicher ein Missverständnis, wollte ich glauben. Und schon ging es weiter. Nach einer Weile kam ich mir vor wie die böse Hexe bei Hensel und Gretel, die immer bei dem Jungen den Finger fühlt und schaut, ob er wohl schon fett genug geworden ist um gegessen zu werden. Derweil ging meine Reisebegleitung durch das Kennel und versuchte, alle Hundehaufen einzusammeln. Und das waren unglaublich viele. Und dann brauchten alle Hunde auch noch Wasser. Und dann war plötzlich doch nicht mehr so viel Zeit, und der Hundebesitzer, oder Musher, wie er auch hier genannt wird, hatte seinen Koffer noch nicht gepackt und hatte Stress. Wir versuchten noch einige Fragen anzubringen, was sehr schwierig war, da unser Musher sich viel lieber über andere Themen unterhalten wollte. Zum Beispiel Hypnose. Damit ist wirklich jedes Problem zu bewältigen, ist er überzeugt. Der Tag verging wie im Fluge und am Ende verabschiedeten wir, nachdem wir noch etliche Anweisung erhalten hatten (wie „Nie einen Hund losmachen“) uns voneinander und hatten nun die Verantwortung für seine Hunde und seine Flinte. Mit der sollten wir die Hunde totschießen („Aber lasst es lieber keinen sehen..manchmal werden Leute dann komisch“), die sich unter Umständen lebensbedrohlich verletzten und nicht gerettet werden könnten. Ich sagte darauf nur, dass dies nicht passieren würde, woraufhin sich der Musher an meine Reisebegleitung wendete und ihm die Waffe erklärte. Dann war alles gesagt. Doch eine Frage hatte ich noch: Wie viele es denn eigentlich genau sind, wollte ich wissen.“Naja so ungefähr..70“ , sagte er und ging. 



2 von 5 noch namenlosen Welpen




Sugar

Alleine mit der Hundemeute
Als der Musher gegangen war, blickte ich auf den Zettel mit allen Hundenamen und der Anordnung des Kennels und begann zu zählen. Ich kam auf 55 erwachsenen Hunde und 20 Welpen. Die 20 Welpen sowie auch einige der erwachsenen Hunde hatten keine Namen, weil sich ihr Besitzer nicht an ihn erinnern konnte, oder er ihnen noch keinen Namen gegeben hatte.
Die erste Woche verging. Einige Hunde überwanden ihre Angst, nachdem wir täglich bis zu 6 Stunden mit ihnen verbrachten. Andere durchbrachen ihren Argwohn nie; oder ihre Panik nicht. Von den sehr panischen Hunden gibt es etwa 7. Ganz vorne mit dabei ist der arme „Psycho“(den wie inzwischen in „Peyko“ umbenannt haben), und der ein Auge eingebüßt hat, als er angeblich beißen wollte und sein Besitzer die Beherrschung verloren hat. Die ängstlichen, die aber wenigstens mal kurz schnüffeln wollen, machen nochmal 7 oder 8 Hunde aus. Dann kommen eine ganze Reihe von Hunden, die ihre Angst überwunden haben, oder überwinden werden, wenn wir die Zeit hätten, sich intensiver mit ihnen zu beschäftigen. Und dann gibt es die anderen Hunde im Kennel. Etwa 34 Hunde, die sich wild bis gemächlich freuen, wenn irgendein Mensch sich ihnen nähert. Alle Welpen gehören inzwischen in diese Kategorie, was nicht von Anfang an so war.
Zu gerne wären wir auch mit den Hunden spazieren gegangen, was uns aber ausdrücklich verboten worden war. Natürlich wäre das mit 2 Menschen auch eher schwierig zu bewältigen; aber die Hunde die ganze Zeit nur angebunden an einer Hütte zu halten, ist auch keine Lösung, finden wir. Zu dem ist an den Reaktionen der Hunde zu erkennen, dass viele oder nahezu alle Angst davor haben, geschlagen zu werden. Etwa, wenn wir mit dem Futter ankommen. Dies ist für die Meisten ein absolute Stresssituation, bei denen die Ohren und der Schwanz eingezogen bleiben, bis das Futter präsentiert wird (es wird einfach auf das Dach der Hütten gekippt) und die FutterverteilerInnen weitergeeilt sind. Erst nachdem alle Hunde gefüttert sind, ist es möglich, mit einigen anzubandeln. Das ist unsere Sauber-Mach und Schmusestunde. Doch einige werden nie zum Kuscheln kommen, befürchte ich. Wir lassen sie in Ruhe und machen keine „Hänsel-und-Gretel „Tests mehr mit Ihnen; fassen sie also gar nicht mehr an. Vielleicht würden sie nach längerer Zeit von selber kommen. Wir wissen es nicht.
Nach nahezu drei Wochen hier, haben wir eigentlich alle Hunde ins Herz geschlossen. Auch wenn inzwischen klar wurde, dass wir nicht hier bleiben können, bei einem Menschen, der Tiere anders behandelt, als wir es als akzeptabel erachten. Wir möchten gern, dass die Tiere genug Auslauf bekommen, nicht in zu engen Käfigigen eingesperrt, wo sie nie ihre Krallen ablaufen können und, dass die Basis zischen Mensch und Tier nicht Angst, sondern Verständigung ist. Auch ließ der Zustand des Kennel vermuten, dass vor uns lange keiner mehr eine Scheiuß- Schaufel benutzt hat, weswegen die Schnuffels in einer unleckeren Misere Leben mußten...eine Mischung aus Langeweile, Hundehaufen und Matsch. Nicht tragbar. 
An einem Abend fanden wir durch einen puren Zufall heraus, dass geplant ist alle Hunde, das gesamtes Kennel und auch alle Ausrüstungsgegenstände samt Fahrzeugen zu verkaufen. Wir sind nicht so ganz davon überzeugt, dass es möglich ist, alle diese Hunde zu verkaufen. Und schon gar nicht zu den Preisen, die hier verlangt werden. Die „Leader“, also die Hunde, die im Gespann vorne laufen, sollen mehrere Tausend Dollar kosten. Der billigste Hund koste 800 Dollar, wie uns ein anderer Musher berichtete, der von einem Kauf abgekommen war, weil der Preis nicht stimmte. Denn was hier angeboten wird, sind nicht etwa irgendwelche Rassehunde, sondern bunte Mischungen. Man kann einigen einen Terrier ansehen, oder auch einen Labrador, einen Collie oder einen Schäferhund, möglicherweise auch mal einen Husky oder einen Deutsch-Drahthaar, einen Pitbull oder auch die Dogge.
rechte Seite des kennels und vorne Dj

Grey im Hundehaus

der kuschelige Dale

Rin und Gar sonnen sich

Clover und ihre HundefreundInnen
Harley

Mitunter sind für solche Hunde enorme Preise zu erlangen, wenn sie im Gespann Rennen gewonnen haben. Doch die Rennsaison beginnt erst mit dem Schneefall. Und mehr als 10 Hunde sind in keinem Gespann. Es dürfte also noch eine ganze Weile dauern, bis diese Hunde eine neue MusherIn gefunden haben; wenn sei überhaupt ein Rennen gewinnen und sich Leute finden, die zu einem Kauf bereits wären.
Hin und her haben wir diskutiert. Ob wir nicht doch bleiben sollen, ob wir die Hunde dann nicht im Stich lassen, ob es nicht einen Tierschutz gibt, der uns helfen kann, ob wir nicht wenigstens einen Hund retten können, ob wir nicht eine Wohnung nehmen sollen, nebenbei Arbeiten gehen sollen, um uns weiter um diese Hunde kümmern zu können. Doch alle diese Möglichkeiten sind behaftet mit einer Unzahl an Kompromissen, denn letztlich ist der Besitzer immer derjenige, der über diese Wesen bestimmt und bestimmen wird. Und es gibt keinen Weg, wie wir ihn und seine Einstellungen ändern können, wie wir glauben. Selbst seine Freunde nennen ihn „Bullhead“ und sagen, dass er immer alles genau so haben muss, wie er es eben haben will.

So werden wir dieses Kennel noch vor der echten Schlittenhund-Saison verlassen. Ich trauere den vielen Möglichkeiten hinterher…was hätten wir alles lernen können, wenn die Bedingungen hier anders gewesen wären. Aber sind sie eben nicht. Und darum müssen wir uns trennen. Wie es so meine Art ist, versuche ich noch etwas Gutes an der ganzen Angelegenheit zu erkennen. Das Gute ist, wir fanden einen Musher im Internet, der uns alle unsere zahlreichen Fragen beantwortete und uns damit sehr half (Danke Sebastian!). Und wir wissen nun, dass es zwei verschiedenen Arten Musher gibt; an die eine Art sind wir nun geraten. Nun suchen wir nach der anderen Art, um doch noch mehr über diesen faszinierenden Sport zu erfahren.
Viel zu lange Krallen vom monatelangen Leben auf Holzplanken.


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ich finde du bist heuchlerisch, du tust so als wärst du ein Tierfreudn und schaltest keien Tierschutz Organisation ein um auf diese Misstände aufmerksam zu machen, und von Hunden hast du ja mal gar keine Ahnung, wenn die Tiere eh schon total verstört und nervös sind dann geht man da doch nicht noch ständig hin und quatscht die voll, man verucht sie zu beruhigen und nicht noch nervöser zu machen. das tut den nemlich weh wenn die ana kette sind da aber total dran rum springen und zärren! Durch dein aussehn verkörperst du toleranz und andersein und ich setze mich für das gute ein bla bla, drauf geschissen diese tiere hast du im stich gelassen! du bist echt so falsch noch falscher alls al die anderen...