Samstag, 17. September 2011

Wertvolle Tipps für werdende Doghandler


Wer genau wie wir gerne mit Schlittenhunden arbeiten möchte, also als doghandler in einem kanadischen kennel tätig sein möchte, der sollte möglichst nicht die gleichen dummen Fehler machen, wie sie uns unterlaufen sind. Wir haben uns Hals über Kopf in ein Abenteuer gestürzt, aus dem wir uns nun am Ende des Monats nach nur 4 Wochen wieder verabschieden werden. Im gegenseitigen Einverständnis mit unserem musher. 

Wir fanden dieses Abenteuer, oder besser gesagt unser Kennel in the Pas im Norden Manitobas über eine Seite im Internet, auf der etliche kennels international Helfer suchen. Die Seite heißt http://www.sleddogcentral.com/. Inzwischen bekamen wir hilfreiche Tipps, was zu erfragen ist, bevor sich Mensch als doghandler für eine Saison verpflichtet. Die Saison beginnt zumeist übrigens im Herbst und geht dann bis zum kommenden Frühjahr. In dieser Zeit werden die doghandler aber nicht unbedingt angestellt; es ist mehr so eine Art Tausch. Der zukünftige Schlittenhundhandler bietet seine Zeit und Arbeitskraft und bekommt im Gegenzug die Möglichkeit alles zu lernen, was das Handling von den Hunden betrifft, sowie Verpflegung und Unterbringung (room and board). Gelegentlich wird auch noch eine Art Taschengeld von etwa 500 Dollar im Monat geboten oder auch die Möglichkeit, selber an Rennen teilzunehmen. Wie die Unterbringung ausschaut kann von großem Interesse sein, wenn Mensch gelegentlich gerne auch mal ein wenig Privatsphäre hätte. Was auch sehr wichtig ist, sind die Erfahrungsberichte von VorgängerInnen, die es zu erfragen gilt. Das ist sicher die beste Methode, um herauszufinden, wie die handler und Hunde in diesem kennel behandelt werden. Was ich Zukunft immer erfragen werde ist: Werden die Hunde saubergemacht? Bekommen alle rund ums Jahr Bewegung? Werden zum Training der Hunde für lange Zeiten ausschließlich mechanische Laufbänder benutzt? Sind die Hunde unglaublich ängstlich? Inwiefern werden restriktive Maßnahmen eingesetzt (d.h. werden die Hunde geschlagen u.a.)? Was passiert mit den Hunden, die zu alt für das Schlittenziehen sind? Werden die erschossen, oder als pet-dogs (Haustiere) vermittelt?
Einige der Fragen mögen ein wenig seltsam anmuten. Doch sie sind alle Resultat aus unseren nicht sehr guten Erfahrung, sowie den Presseberichten über die Hunde-Euthanasie, die im letzten Winter hier publik wurde (hier gibt´s ne Doku dazu:  http://www.veganblog.de/2011/07/27/hundemassaker-kanada/ ). Zwar wurde es als Skandal gehandelt, dass eine Firma, die Sled-dog-Touren in BC anbot ihre nicht mehr erwünschten Hunde auf brachiale Weise niedermetzeln ließ. Doch mir kommen inzwischen Zweifel, ob dies wirklich eine Ausnahme war. Besonders als ich in einer Broschüre („Musch with Pride“) über die Grundsätze des mushings las, dass  „dog euthanasia“ nicht die beste, jedoch eine annehmbare Methode sei, um die Größe eines kennel zu limitieren. Es ist jedenfalls erlaubt seine Hunde zu töten, wenn dies nicht mit Qual einhergeht. Sehr viele musher werden dies sicher nur mit Hunden tun, die unheilbar krank oder verletzt sind. Das bedeutet jedoch nicht, dass es nicht auch welche gibt, die es aus rein ökonomischen Überlegungen heraus tun und dabei ganz gesunde Hunde umbringen. In unserer netten kleinen Broschüre „Mush with Pride“ (eine inzwischen überarbeitet Fassung) wurde Hunde-Euthanasie auch dann befürwortet, wenn sich ein Hund nicht als Schlittenhund eignet, weil er zu alt ist, oder nicht richtig „performt“. Ich denke mir immer, da muss es doch andere Lösungen geben! Zum Glück sind auch die Menschen von "Mush with Pride" in der Zwischenzeit dieser Meinung, was mich schon ein wenig beruhight hat. Trotzdem gibt es immer noch musher, die ihren Sport durch ihr grausames und verantwortungsloses Handeln in Veruf bringen.
Unser musher erschießt seine Hunde glücklicherweise nicht aus ökonomischen Erwägungen. Er würde dies nur befürworten, wenn sie unheilbar verletzt oder erkrankt wären, sagt er. Aber er verschafft ihnen auch nicht so viel Auslauf und Pflege, wie sie verdient haben und hat eine für uns unhaltbare Auffassung von Gewalt-Erziehungsmethoden, weswegen wir ihn nun bald verlassen werden. Dabei ist sein kennel nicht einmal das Schlechteste….und auch nicht das Beste in dieser Gegend. Nachdem wir eine Woche seine Hunde gepflegt hatten, hörten wir immer wieder andere Hunde um uns herum und gingen einfach einmal querfeldein. Dort fanden wir diverse andere kennels, die alle in der Nähe des Flughafens zu finden sind, wie auch unser eigenes. Alle waren sehr viel kleiner, als das unsere. Manche Hunde hatten sehr viel mehr Platz an ihren Ketten zum herumzulaufen und es sah auch einigermaßen sauber aus. Bei anderen waren die Hunde so unglaublich dünn und hatten nicht einmal Wasser, obwohl es ein heißer Tag war. So gut wie möglich versuchten wir Abhilfe zu schaffen. Wir dachten uns, es wäre sicher gut einem Tierschutzverein zu finden, und zu schauen, ob die nicht weiterhelfen könnten und diese Hunde aufnehmen könnten. Aber der Tierschutzverein ist eine private Initiative, die keine Hunde aufnehmen kann, da sie sich zur Zeit nicht einmal die Miete für ein Gelände leisten können. Also auch Fehlanzeige. An manchen Tagen fühle ich mich hier so verdammt machtlos, weil ich nicht gegen an kann, gegen die Leute, die ihre Tiere so mies behandeln. Es würde nicht einmal etwas nützen, die Hunde loszumachen, denn sie sind solche treuen Wesen. Die bleiben einfach da. Das haben wir selber schon 6 mal in unserer Zeit hier erlebt. Dann geht einfach eine der Ketten kaputt und plötzlich ist ein Hund frei. Aber statt wegzulaufen, bleibt er da und wird wieder eingefangen. Und das selbst nach 24 Stunden. Dumme treue Hunde. Ich so als Hund würd abhauen; ganz sicher.
Dann dachte ich, nagut, wenn schon kein Tierschutzverein helfen kann, dann muss ich eben jemanden anderen finden. Aber es ist hier so: Das Thema interessiert einfach nicht. Wir erfuhren, dass es zwar vor einiger Zeit ein kennel gab, dass hier „total verwahrlost war“ und, wo die Hunde sich zahlreich vermehrt hatten, aber nicht ausreichend gefüttert wurden, so dass sie - wie man uns erzählte - sogar ihr eignen Welpen fraßen oder auch von Wölfen angegriffen wurden. Und was geschah mit diesen Hunden? Sie wurden alle eingeschläfert. Auch nicht die Lösung die mir gefällt. Zumal die Hunde, die sich zur Zeit in den kennels am Flugplatz befinden zum Glück nicht in dieser extremen Form verwahrlost sind. Die musher der „alten Schule“ würden bei denen eventuell nicht einmal etwas zu beanstanden haben, denn sie bekommen genügend Futter und die meisten auch Wasser, haben alle eine Behausung und ab dem Schneefall dürfen sie dann auch mal laufen. Oder sie kommen im Herbst auf ein mechanisches Laufband, bei dem es dann natürlich von ihren Menschen abhängt, ob diese erkennen, dass ein Hund schon gar nicht mehr kann.
Wie auch immer. „Unsere“ Hunde im kennel haben es also noch verhältnismäßig gut. Nicht aber gut genug. Für uns ist monatelanges anketten eben auch Qual.

Darum bin ich an manchen Tagen einfach glücklich diese Entscheidung getroffen zu haben hier wegzugehen. An anderen kreuzunglücklich, all die Hunde hier zu verlassen, nichts mehr für sie tun zu können. Und es kommen immer noch mehr dazu. Dieser Welpe ist zusammen mit seinen 7 Geschwistern am 7. September 2011 geboren worden. 



Zu hoffen bleibt nur, dass diese kleinen Schnuffels und die restlichen Hunde im kennel an gute musher verkauft oder verschenkt werden. Und die Hoffnung stirbt zuletzt.

Trotz dieser Zeit in the Pas, wo wir quasi nichts anderes gemacht haben außer Hundehaufen wegschaufeln, Füttern, Wässern und das Vertrauen der Hunde zu gewinnen, wo wir also einen Schlitten quasi noch nicht einmal von Weitem gesehen haben, ist uns die Lust auf Schlittenhunde noch nicht vergangen. Und wir wissen, dass es musher gibt, die ihre Hunde auch anständig behandeln. Darum versuchen wir nun anderswo mehr zu lernen. Als nächstes gehen wir zu einem kostenfreien Seminar für werdende musher und doghandler, das am 24. September in dem kleinen Städtchen Prince Albert abgehalten wird. Und dann sehen wir weiter.

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